Berlin
Rassismus-Opfer abgeschoben – er sollte gegen Polizisten aussagen
Ein 26-jähriger Flüchtling wurde aus rassistischen Motiven krankenhausreif geschlagen. Einer der mutmaßlichen Täter ist ein Berliner Polizist. Brisant ist: Noch bevor das Opfer vor Gericht als Zeuge aussagen konnte, wurde er abgeschoben. Mehrere Organisationen fordern jetzt seine Rückholung.
Montag, 21.12.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 22.12.2020, 17:35 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Mehrere Organisationen haben die Rückholung des nach Afghanistan abgeschobenen Flüchtlings Jamil Amadi nach Berlin gefordert. Hintergrund ist ein laufender Prozess vor dem Amtsgericht Tiergarten wegen eines möglicherweise rassistisch motivierten Überfalls auf den Mann im April 2017. Amadi sollte als Hauptzeuge und Nebenkläger aussagen, wie es in einer am Freitag in Berlin verbreiteten Pressemitteilung der Organisationen heißt.
Brisant ist: Einer der Täter soll ein Berliner Polizist gewesen sein, der in seiner Freizeit unterwegs war. Er und weitere Mitttäter sollen den Flüchtling krankenhausreif geschlagen haben. Noch bevor das Strafverfahren gegen den Beamten und die anderen Angeklagten abgeschlossen war, ließ das Landesamt für Einwanderung Amadi im März 2020 jedoch nach Afghanistan abschieben. Dabei hat laut Berliner Flüchtlingsrat die Staatsanwaltschaft der Ausländerbehörde deutlich signalisiert, dass er als Zeuge zur Durchführung der Hauptverhandlung gegen die Angeklagten zwingend benötigt wird.
Der Flüchtlingsrat Berlin, Pro Asyl und Reach Out sowie der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein fordern nun, das Überfallopfer mit dem Aliasnamen Jamil Ahmadi sofort nach Berlin zurückzuholen. Nach fast einjähriger coronabedingter Pause soll der Strafprozess am 20. Januar 2021 fortgesetzt werden.
Unterstützter fordern Aufenthaltsrecht
Info: In einer online Petition fordern bislang weit mehr als 2.000 Unterzeichner Berlins Innensenator Andreas Geisel auf, Jamil Ahmad zurückzuholen. Sie fordern eine Aufarbeitung des Übergriffes und rechtliche Konsequenzen, „damit weitere rassistische Angriffe verhindert werden können und seine Opfer Gerechtigkeit erfahren“.
„Die Abschiebung war aus unserer Sicht unrechtmäßig, nicht nur wegen des noch laufenden Strafverfahrens gegen den hauptverdächtigen Polizisten und seine mutmaßlichen Mittäter. Herr Amadi ist seit dem Überfall gesundheitlich stark beeinträchtigt, körperlich und psychisch. Eine adäquate medizinische Behandlung gibt es in Afghanistan nicht. Als Opfer einer vermutlich rassistisch motivierten schweren Gewalttat muss Herr Amadi einen gesicherten Aufenthalt und eine Entschädigung bekommen. Berlin steht hier in der Verantwortung, nicht zuletzt, weil an der brutalen Tat ein Polizeibeamter des Landes Berlins beteiligt gewesen sein soll“, erklärt Helga Seyb von der Opferberatungsstelle Reach Out.
Weiter fordern die Unterstützer Jamil Ahmadis, dass dieser ein sicheres Aufenthaltsrecht als Opfer einer rassistisch motivierten Gewalttat erhält. Er sei infolge des Überfalls schwer traumatisiert „und aus der Bahn geworfen“ worden, hieß es: „Er wurde obdachlos, nahm Drogen und landete in Haft.“ Wegen mehrerer Straftaten, die ihm zur Last gelegt wurden, sei er schließlich abgeschoben worden, obwohl es nie zu einer Verurteilung gekommen sei und ein Gutachter ihn für schuldunfähig erklärt habe. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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