Studie
Trotz Fachkräftemangels holen Firmen wenig Personal aus dem Ausland
Um den Bedarf an Fachkräften in Deutschland zu decken, rät eine aktuelle Studie zu einer stärkeren Rekrutierung von Fachkräfte aus dem Ausland. Mehr als jedes zweite Unternehmen berichtet der Umfrage zufolge von Engpässen beim Fachpersonal. Viele Unternehmen setzen auf Aus- und Weiterbildung eigener Leute.
Mittwoch, 20.01.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 19.01.2021, 15:27 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels in Unternehmen spielt laut einer Studie die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland nur eine untergeordnete Rolle. Nur 17 Prozent der Firmen mit Engpässen gaben an, Fachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren, wie die Bertelsmann Stiftung anlässlich der Veröffentlichung ihrer Umfrage am Dienstag in Gütersloh mitteilte. Als größte Hürden nannten die Unternehmen sprachliche Verständigungsprobleme und Schwierigkeiten bei der Einschätzung von im Herkunftsland der Arbeitnehmer erworbenen Qualifikationen.
Laut dem aktuellen Fachkräftemigrationsmonitor der Stiftung haben im vergangenen Jahr 55 Prozent der befragten Unternehmen Engpässe beim Fachpersonal erfahren und erwarten für 2021 keine Verbesserung der Situation. Am stärksten sei der Bedarf an Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung (37 Prozent), gefolgt von Akademikern mit 27 Prozent – größere Firmen seien häufiger betroffen als kleine. Besonders der Gesundheitssektor und das Bauwesen litten unter dem Fachkräftemangel.
Um den Engpässen entgegenzuwirken, setzen die Arbeitgeber in erster Linie auf die Ausbildung im eigenen Betrieb (55 Prozent), gefolgt von der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter und einer besseren Vereinbarung von Familien und Beruf mit jeweils knapp 40 Prozent, wie es weiter hieß. Die Anwerbung von ausländischen Arbeitnehmern lag demnach erst auf Platz sieben der Antwortmöglichkeiten. Wer Fachkräfte von jenseits der Grenzen holt, rekrutiert sie den Angaben zufolge vor allem aus den EU-Ländern, gefolgt von Asien und dem mittleren Osten. Sehr wenig Erfahrung gebe es mit Personal aus Afrika.
Weniger Einwanderung
Die vergleichsweise geringe Bedeutung ausländischer Fachleute bei den Einstellungen spiegelt sich laut der Bertelsmann Stiftung auch in der Zuwanderung nach Deutschland. Im Jahr 2019 sei die Zahl der Zuzüge aus anderen EU-Staaten nach Deutschland um rund sieben Prozent zurückgegangen, bei gleichzeitig steigender Abwanderung von EU-Bürgern. Die Arbeitsmigration aus anderen Ländern in die Bundesrepublik erhöhte sich demnach zwar leicht um knapp sechs Prozent, blieb aber mit rund 64.000 Personen auf niedrigem Niveau.
Nach Ansicht der Autoren der Studie ändert die Corona-Pandemie „nichts an der strukturellen Herausforderung des demografischen Wandels für die deutsche Wirtschaft“. Der coronabedingte Rückgang der Migration habe im ersten Halbjahr 2020 zu einem Rückgang der Bevölkerung insgesamt geführt. Fachkräfte aus dem Ausland würden „angesichts der sinkenden Zahl einheimischer Arbeitskräfte eine zunehmend wichtige Rolle spielen“, sagte der Migrationsexperte der Bertelsmann Stiftung, Matthias Mayer.
Mäßige Attraktivität
Für die geringe Anwerbung von Fachkräften von außerhalb der EU spielt der Analyse zufolge auch eine „mäßige Attraktivität“ Deutschlands eine Rolle. Im Vergleich zu anderen OECD-Staaten biete Deutschland schlechtere berufliche Chancen – Ausländer übten beispielsweise weniger oft eine ihrer Ausbildung entsprechende Tätigkeit aus als Deutsche. Um dieses Potenzial besser zu erschließen, raten die Autoren der Studie, mehr Transparenz über Fachkompetenzen der ausländischen Arbeitskräfte herzustellen und die Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen zu erleichtern.
Der Bertelsmann-Studie liegt nach eigenen Angaben eine Umfrage unter 2.500 Entscheidern in deutschen Unternehmen vom Herbst 2020 zugrunde. Zahlen zur Migration ausländischer Fachkräfte stammen aus dem Jahr 2019 und sind dem Ausländerzentralregister entnommen. Bei der Arbeitsmarktsituation von Migranten werteten die Autoren die aktuellsten verfügbaren Daten des Sozioökonomischen Panels aus dem Jahr 2018 aus. (epd/mig) Leitartikel Wirtschaft
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