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NSU 2.0

Anklage gegen Polizisten aus rechtsradikalen Chatgruppen erhoben

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat im Zuge der Ermittlungen zu rechtsradikalen Chatgruppen und „NSU 2.0“-Drohmails Anklage gegen zwei Polizeioberkommissare erhoben. Ermittlungen zeigten eine feindselige Haltung der Angeklagten gegenüber Schwarzen Menschen und Muslimen. Anwaltsvereine fordern unabhängige Untersuchungsstellen.

Freitag, 26.02.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 25.02.2021, 17:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Im Zuge der Ermittlungen der hessischen Justiz gegen Polizisten in rechtsradikalen Chatgruppen hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main nun Anklagen erhoben. Zwei Polizisten aus dem Vogelsbergkreis würden das Verwenden rechtsextremistischer Kennzeichen und Verstöße gegen das Waffengesetz vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Donnerstag mit.

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Gegen einen der beiden Beamten, einen 46-jährigen Polizeioberkommissar vom Polizeipräsidium Westhessen, bestehe der Verdacht der Volksverhetzung, des Verwendens verfassungs- und fremdenfeindlicher Kennzeichen sowie der Verstöße gegen das Waffen-, Sprengstoff- und Kriegswaffenkontrollgesetz.

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Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, als Teilnehmer verschiedener WhatsApp-Chatgruppen zwischen Ende Oktober und Anfang Dezember 2018 mit seinem Mobiltelefon mehrfach Bilder von Adolf Hitler in Uniform mit Hakenkreuzbinde verschickt zu haben sowie Aufnahmen, die eine feindselige Haltung gegenüber dunkelhäutigen Menschen und Muslimen zum Ausdruck bringen.

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Gewehr, Revolver, Sprengmittel

Darüber hinaus wurden bei Hausdurchsuchungen im Dezember 2018 und Januar 2019 NS-Devotionalien und Waffen ohne Erlaubnis gefunden, ein Luftgewehr und drei Revolver sowie Munition, Sprengmittel, Munition für Kriegswaffen und Messer. Der Beamte war im Dezember 2018 vom Dienst suspendiert worden. Ein Termin für den Prozessbeginn ist noch nicht festgelegt.

Auch dem 37-jährigen Bruder des Angeschuldigten, bis zu seinem freiwilligen Ausscheiden aus dem Dienst ebenfalls als Polizeioberkommissar im Polizeipräsidium Westhessen tätig, wirft die Staatsanwaltschaft vor, verbotene Kennzeichen verwendet und gegen das Waffengesetz verstoßen zu haben. Er soll mit seinem Mobiltelefon im Februar 2018 eine Videodatei mit dem Bild Adolf Hitlers in eine WhatsApp-Chatgruppe eingestellt haben. Bei ihm wurden bei einer Wohnungsdurchsuchung im Dezember 2018 vier Pistolen und ein Revolver sowie Munition sichergestellt.

Abfragen privater Daten von Polizeicomputern

Außerdem soll der ehemalige Beamte Dienstgeheimnisse verraten haben. Er sei verdächtig, im März 2018 über das Polizei-Auskunftssystem „POLIS“ zwei Abfragen ohne dienstlichen Anlass vorgenommen und die Informationen an Zivilpersonen weitergegeben zu haben. Der Prozess gegen ihn soll am 27. April vor dem Amtsgericht Alsfeld beginnen.

Auch einen weiteren Polizeioberkommissar aus dem Polizeipräsidium Mittelhessen, der derzeit vom Dienst freigestellt ist, hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen des Vorwurfs des Geheimnisverrats angeklagt. Dem 39-Jährigen aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf wird zur Last gelegt, im Zeitraum März 2017 bis Juli 2018 als Polizeivollzugsbeamter ohne dienstlichen Anlass drei Abfragen im polizeilichen Auskunftssystem vorgenommen und die dabei erlangten Daten an Zivilpersonen weitergegeben zu haben.

Drohbriefe an Seda Başay-Yıldız

Ins Rollen kamen die Ermittlungen, nachdem die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız seit August 2018 in Drohbriefen beschimpft und mit dem Tode bedroht wurde. Ermittler stellten fest, dass in zeitlicher Nähe Personaldaten der Anwältin im 1. Polizeirevier Frankfurt abgefragt worden waren.

Nach der Durchsuchung bei einem Beamten im September 2018 war auf dessen privaten Handy die Beteiligung an einer rechtsradikalen Chatgruppe aufgeflogen, in der sich fünf Polizisten ausgetauscht hatten. In der Folge spürte eine Arbeitsgruppe von bis zu 60 Beamten der hessischen Polizei der Beteiligung von Polizisten an rechtsextremen Chatgruppen nach.

Ermittlungen nicht im Zentrum angekommen

Kritik an den bisherigen Ermittlungen kommt von Anwaltsvereinigungen. „Seit mehr als zweieinhalb Jahren erhält unsere Frankfurter Kollegin, Frau Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız, von unbekannten Täter:innen immer wieder Schreiben, in denen sie und ihre Familie beleidigt und mit dem Tode bedroht werden“, heißt es in einer gemeinsamen Solidaritätserklärung von mehreren Anwaltsvereinen. Jetzt komme zwar Bewegung in die Sache, die Ermittlungen seien aber noch „nicht im Zentrum des Geschehens angekommen“, erklärte Rechtsanwalt Andreas Engelmann, Bundessekretär der Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ), dem MiGAZIN.

Die bisherigen Ermittlungen im Komplex ‚NSU 2.0‘ sind Engelmann zufolge Beleg dafür, „dass wir bei Strafverfahren, in denen Polizeibeamtinnen und -beamte beschuldigt werden, unabhängige Untersuchungsstellen brauchen, die effektiv ermitteln können“. Solange Polizeibehörden gegen ihre unmittelbaren Kollegen ermittelten, werde es keine Ermittlungserfolge geben. Untersuchungsstellen im Zusammenhang mit polizeilichem Fehlverhalten und Straftaten werden seit Jahren von verschiedenen Organisationen gefordert. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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