Studie
Öffentlichkeit lehnt Pushbacks von Flüchtlingen ab
Der EU-Türkei-Flüchtlingspakt wird von Deutschen, Griechen und Türken im Grundsatz begrüßt. Die Öffentlichkeit fordert jedoch Anpassungen: keine Pushbacks und mehr Umsiedlung von Flüchtlingen. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor.
Mittwoch, 02.06.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.06.2021, 18:09 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Deutsche und griechische Wähler lehnen „Pushbacks“ von Flüchtlingen ab und bevorzugen einen neuen Ansatz für die Umsiedlung syrischer Flüchtlinge aus der Türkei in die EU. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Forschenden des Mercator Dialogue on Asylum and Migration (MEDAM). Darin wurden Einstellungen der Wähler in Deutschland, Griechenland und der Türkei analysiert.
Danach unterstützt in allen drei Ländern die Öffentlichkeit die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei in den Bereichen Migration und Flüchtlingsschutz. „Unsere Ergebnisse deuten auf öffentliche Unterstützung für die Kernelemente des bestehenden Abkommens, mit einigen Ausnahmen und Unterschiede zwischen den drei Ländern. Insgesamt deuten die Umfragen auch auf eine öffentliche Unterstützung für gezielte Reformen der Zusammenarbeit hin, insbesondere im Hinblick auf die Umsiedlung von Flüchtlingen aus der Türkei in die EU”, erläutert Martin Ruhs, der am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz die MEDAM-Forschung zu migrationspolitischen Präferenzen leitet.
Weitere Ergebnisse der Studie sind:
- In Deutschland und Griechenland lehnen die Befragten „Pushbacks“ – also die Rückführung von Migranten in die Türkei ohne vorherige Prüfung ihrer Asylanträge – vehement ab.
- Die Wähler in diesen beiden Ländern unterstützen auch die finanzielle Hilfe der EU für Flüchtlinge in der Türkei – aber nur, wenn diese Mittel wie bisher über humanitäre Organisationen wie das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge verteilt werden und direkt nicht an die türkische Regierung ausgezahlt werden. Im Gegensatz dazu sind den türkischen Wählern die Finanzierungskanäle egal, sie befürworten jede finanzielle Unterstützung der EU für Flüchtlinge in der Türkei. Diese Ergebnisse sind relevant, da die türkische Regierung darauf drängt, dass mehr EU-Hilfe über den Staatshaushalt reguliert wird.
- Die Wähler aller drei Länder würden eine Politik bevorzugen, die jährlich 1 Prozent der syrischen Flüchtlingsbevölkerung in der Türkei (etwa 36.000 Flüchtlinge) in die EU umsiedelt. Das aktuelle Kooperationsabkommen hingegen sieht einen 1:1-Mechanismus vor: Für jeden syrischen Flüchtling, der von Griechenland in die Türkei zurückgeführt wird, soll ein Flüchtling aus der Türkei in die EU umgesiedelt werden.
Experte: Keine Forschung
„Seit langem ist Zuwanderung eines der wichtigsten Themen sowohl für europäische Bürgerinnen und Bürger als auch auf politischer Ebene. Dennoch gab es bisher keine systematische Forschung dazu, was Wählerinnen und Wähler über die Zusammenarbeit der EU mit Nicht-EU-Ländern in Bezug auf irreguläre Migration und Flüchtlingsschutz denken.“, bemängelt Tobias Heidland, Direktor des Forschungszentrums für Internationale Entwicklung des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel und Mitautor der Studie. Für eine effektive und nachhaltige internationale Zusammenarbeit im Bereich Migration sei es wichtig, zu verstehen, wie sich die Meinung und politische Präferenzen der Wähler zwischen den Ländern unterscheiden und welche Elemente einer Politik unterstützt oder abgelehnt werden.
Anlässlich der Verhandlungen zwischen der EU und der Türkei über die Zukunft des 2016 vereinbarten ‚EU-Türkei-Abkommens‘ wurden mehr als 3.900 Wähler in den drei zentral betroffenen Ländern Deutschland, Griechenland und Türkei befragt und ihre Einstellungen zu den Kerndimensionen der EU-Türkei-Migrationskooperation analysiert. (mig) Gesellschaft Leitartikel
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