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Bundestagswahl

Soziale Medien und ein Wahlkampf an Nebenschauplätzen

Im Wahlkampf gelingt es Baerbock, Scholz und Laschet nicht, mit griffigen Botschaften auf Social Media zu punkten. In Zeiten großer Probleme fehlt es den Kandidaten und der Kandidatin im Rennen um das Kanzleramt bislang an Mut, konkret zu werden.

Von Montag, 09.08.2021, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 08.08.2021, 19:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

In Corona-Zeiten verlagert sich der Wahlkampf verstärkt ins Internet. Mit Videos, Tweets und Mitmach-Aktionen versuchen die Parteien, um Wählerinnen und Wähler zu werben. Doch haben Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne), die den wichtigsten Job im Land haben wollen, bislang nicht den Mut, mit konkreten Vorschlägen in kurzen Botschaften zu überzeugen.

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Der Psychologe Gerd Gigerenzer unterscheidet zwischen drei Kategorien von Wählern: erstens jene, die eine ganz bestimmte Partei immer wählen, zweitens die Wechselwähler, die aufgrund von Inhalten entscheiden, und drittens soziale Wähler, die wählen, was ihr soziales Umfeld wählt. Auf die letzte Gruppe habe die Digitalisierung die größte Auswirkung, sagt der Direktor am Harding-Zentrum für Risikokompetenz an der Universität Potsdam: „Früher bestand das soziale Umfeld aus Familie und Freunden. Heute rücken auch soziale Netzwerke an diese Stelle.“

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Und in sozialen Medien sind gerade die Accounts besonders erfolgreich, die authentisch und aufrichtig erscheinen. Postings müssen konkret, klar und bestenfalls noch unterhaltsam sein. Unions-Kandidat Laschet präsentiert sich im Wahlkampf als Modernisierer, ist aber im Digitalen weit davon entfernt, positive Trends zu setzen. Mit seinen selbstgedrehten Videos bei Facebook erreicht er oft nur bis zu 7.000 Aufrufe. Zum Vergleich: Der Youtube-Kanal „HaerteTest“ mit Videos, in denen ein Autoreifen über Dinge rollt, kommt innerhalb von 24 Stunden schon auf das Vierfache.

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SPD setzt auf Erfahrung

Das Wahlkampfteam um Scholz setzt auf die lange Regierungserfahrung des SPD-Kandidaten. Erstmals seit 72 Jahren kandidiere in der Bundesrepublik kein Amtsinhaber, beschreibt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil die Ausgangslage. Womöglich glauben die Sozialdemokraten, dass Scholz allein schon deshalb punkten kann, weil er als Vizekanzler einem Amtsinhaber am nächsten kommt. Im Wahlkampf fiel er zumindest bisher kaum auf.

Die SPD macht, ebenso wie die CDU, keine Angaben dazu, wie viel Geld sie in den Online-Wahlkampf steckt. Die Partei betreibt mehrere Chat-Kanäle, etwa bei Telegram. Sie setzt zudem darauf, dass ihre signalroten Wahlplakate so ansprechend sind, dass sie online viral verbreitet werden. Einen Aufschlag gab es auf Mallorca, wo die SPD mit einem großen Plakat und dem Spruch „Schatzi, schenk mir ’ne Dosis!“ fürs Impfen gegen Corona warb. Was Aufrufe und Likes angeht, befindet sich Scholz allerdings ungefähr auf dem Niveau von Laschet.

Baerbock mit Reichweite

Grünen-Kandidatin Baerbock erreicht immerhin rund zehnmal so viele User: Kurz nach der Hochwasserkatastrophe in Westdeutschland Mitte Juli kommt bei Instagram ein knapp dreiminütiger Clip der Politikerin zum Zehn-Punkte-Plan Katastrophenhilfe auf mehr als 110.000 Aufrufe.

Was in sozialen Medien Erfolg verspricht: Baerbock stellt im Wahlkampf die politische Bewegung in den Vordergrund. Sie tritt im Team mit Ko-Parteichef Robert Habeck auf und unter dem Hashtag #mitdir werden die Menschen zum Mitmachen bewegt – im Kampf gegen die Erderwärmung oder auch gegen den Rechtsextremismus.

Grüne geben 2,5 Millionen für Online-Werbung aus

2,5 Millionen Euro geben die Grünen in diesem Wahljahr für Online-Werbung aus, mehr als doppelt so viel wie 2017. Aber obwohl Baerbock bei den Klicks und Aufrufen besser abschneidet als die männliche Konkurrenz, hat die Kanzlerkandidatin etwa auf Twitter noch immer weniger Follower als die humorige Kampagne der lokalen Berliner Verkehrsbetriebe mit dem Slogan „Weil wir dich lieben“.

Die Inhalte, die in diesem Wahlkampf auffallen, kommen von anderen, Debatten entzünden sich an Nebenschauplätzen: Baerbock musste sich für einen geschönten Lebenslauf rechtfertigen und dann gegen Plagiatsvorwürfe zu ihrem Buch wehren. Initiativen, mit denen sie neue Wählergruppen erreichen könnte, bleiben aus. Eine Diskussion stieß sie etwa darüber an, dass sie das N-Wort in einem Interview benutzt hatte und dies bedauerte.

Der lachende Dritte?

Laschet hätte auf so manchen Tweet mit seinem Namen wohl lieber verzichtet. Nachdem er in der vom Hochwasser heimgesuchten Gemeinde Erftstadt während einer Rede des Bundespräsidenten im Hintergrund in Gelächter ausbrach, war der Hashtag #Laschetlacht mit empörten Kommentaren an der Spitze der deutschen Twitter-Trends.

Das Team von Scholz hofft nun, dass wenn sich zwei zerlegen, ihr Kandidat der lachende Dritte ist. (epd/mig) Aktuell Politik

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