Kontroverse
WDR stoppt vorerst Moderation von „Quarks“ durch Nemi El-Hassan
Kaum vorgestellt, setzt der WDR nun die geplante „Quarks“-Moderation durch Nemi El-Hassan aus. Sie hatte 2014 an einer israelfeindlichen Demo teilgenommen. Auch der Zentralrat der Juden äußert Bedenken gegen die Moderatorin. Im Netz wird kontrovers diskutiert.
Mittwoch, 15.09.2021, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 14.09.2021, 22:55 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Journalistin und Civis-Preisträgerin Nemi El-Hassan wird vorerst nicht das Wissenschaftsmagazin „Quarks“ des Westdeutschen Rundfunks (WDR) moderieren. „Die Vorwürfe gegen sie wiegen schwer“, teilte der Sender am Dienstag zur Begründung in Köln mit. Es wiege aber auch schwer, „einer jungen Journalistin eine berufliche Entwicklung zu verwehren“. Daher sei nun eine sorgfältige Prüfung geboten.
El-Hassan hatte 2014 mit 19 Jahren an einer israelfeindlichen Al-Kuds-Demonstration teilgenommen. Der Zentralrat der Juden forderte, nun objektiv zu überprüfen, ob die 27-Jährige für die Moderation der Sendung geeignet sei. Der Al-Kuds- oder Jerusalemtag wurde 1979 vom damaligen iranischen Revolutionsführer Ajatollah Khomeini initiiert und ruft die Muslime zur Eroberung Jerusalems und zur Zerstörung Israels auf. Im Iran ist dieser Tag offizieller Feiertag.
Zentralrat gegen El-Hassan
Nemi El-Hassan habe den Sender in diesen Tagen über ihre Teilnahme an der Al-Kuds-Demonstration im Jahr 2014 und weiteren Demonstrationen informiert, erklärte der WDR. Dabei habe sie sich auch öffentlich davon distanziert. „Sie positioniert sich klar gegen Antisemitismus und gegen Hass und Gewalt jeglicher Art und bezeichnet die Teilnahme als Fehler“, heißt es in der Mitteilung des Senders. Nemi El-Hassan habe versichert, ihre Teilnahme an den infrage stehenden Demonstrationen in der Vergangenheit zu bereuen und sich davon komplett abgewendet zu haben. Der WDR dulde keinerlei Form von Antisemitismus und verurteile die Al-Kuds-Märsche sowie die dort vertretenen Positionen „auf das Schärfste“.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, verwies auf eine hohe Verantwortung öffentlich-rechtlicher Sender, „niemanden auf dem Bildschirm zu präsentieren, der Israel-Hass und Antisemitismus verbreiten könnte“. „Dies muss auch bei Frau El Hassan gesichert sein“, forderte Schuster im Netzwerk Twitter. „Momentan haben wir gegenüber ihrer Person aufgrund ihrer Äußerungen allerdings erhebliche Bedenken.“ Es sei bedauerlich, dass in der Diskussion die Moderatorin auch Islamfeindlichkeit zutage trete.
Diskussionen im Netz
Im Netz wird über den Fall seit Tagen kontrovers diskutiert. Zunächst standen die Tageszeitung „Welt“ und das Boulevardblatt „Bild“ (beide Springer-Konzern) im Fokus der Kritik. Beiden Blättern wurde vorgeworfen, eine islamfeindliche Kampagne gegen El-Hassan zu führen. Von der Ärztin und Journalistin würden im Kontext von unbegründeten Islamismusvorwürfen gezielt alte Fotos gezeigt, wo sie noch ein Kopftuch trug. Andere warfen den Springer-Blättern vor, auf dem Rücken von El-Hassan eine weitere Kampagne gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu fahren.
Seit der Bekanntgabe des WDR, die Zusammenarbeit mit El-Hassan auszusetzen, steht der WDR selbst in der Kritik. Der Journalist Malcolm Ohanwe schreibt im Kurznachrichtendienst Twitter: „Wenn der WDR sich nicht schützend vor seine Mitarbeiterinnen stellen kann, wenn sie Opfer einer wirklich widerwärtigen, absolut rassistischen Hass-Kampagne sind, die künstlich gestartet worden ist, ist das wirklich ein Armutszeugnis und fatales Signal. ‚Bild‘ macht Nemi vogelfrei.“
Vorwurf: Cancel Culture
Nemi fallen zu lassen, so der Vorwurf von Ohanwe weiter, gebe Rechten und Rassisten „die Waffe des scheinheiligen Antisemitismus-Vorwurf“, um unliebsame People of Colour, Muslims und auch Juden selbst, „einfach aus der Öffentlichkeit zu eliminieren, sie zu diskreditieren“. Ähnlich sieht es Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt. Er sieht in dem Fall El-Hassan ein Beispiel von „Cancel Culture“ gegen muslimische Frauen.
Erst am Freitag hatte der WDR El-Hassan und Florence Randrianarisoa als neue Moderatorinnen der Wissenschaftssendung „Quarks“ angekündigt. Sie sollten im Wechsel mit Ralph Caspers die Sendung moderieren. El-Hassan arbeitete den Angaben zufolge nach ihrem Medizinstudium als Journalistin und Medienmacherin und war unter anderem Mitbegründerin des Youtube-Kanals „Datteltäter“, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, in satirischen Videos mit Vorurteilen gegen Muslime aufzuräumen. (epd/mig) Aktuell Panorama
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- Nach Budget-Halbierung Regierungsbeauftragter für Reform der Integrationskurse
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- „Hölle“ nach Trump-Sieg Massenabschiebungen in den USA sollen Realität werden
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
Rechte Medien, AfD, Kopp-Verlag, Bild-Zeitung, Jüdische Allgemeine und der Zentralrat der Juden etc. etc. haben sich seit Tagen intensiv gegen die Quarks-Moderation im WDR durch Nemi El-Hassan eingesetzt und wie man sieht auch Erfolg gehabt.