Kampf gegen Hunger
Debatte um Fusion von Auswärtigem Amt und Entwicklungsministerium
Einen seiner letzten öffentlichen Auftritte nutzt Entwicklungsminister Müller, um die Herausforderungen klarzumachen: an erster Stelle noch immer der Kampf gegen den Hunger. Eine Fusion seines Ministeriums und dem Auswärtigem Amt lehnt er ab.
Donnerstag, 21.10.2021, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 20.10.2021, 15:09 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) spricht sich gegen Überlegungen aus, sein Ministerium mit dem Auswärtigen Amt zusammenzulegen. „Wir brauchen ein starkes Entwicklungsministerium“, sagte Müller am Mittwoch in Berlin an die Adresse von SPD, Grünen und FDP, die über eine künftige Koalitionsregierung verhandeln wollen. Das Entwicklungsministerium müsse vielmehr weiterentwickelt werden zu einem Ministerium für nachhaltige Entwicklung weltweit, erklärte Müller anlässlich der Vorstellung des Entwicklungspolitischen Berichts der Bundesregierung. Der CSU-Politiker erhielt Unterstützung von der Hilfsorganisation „Brot für die Welt“.
Müller betonte bei einem seiner voraussichtlich letzten öffentlichen Auftritte das hohe Ansehen deutscher Entwicklungszusammenarbeit und die Dringlichkeit des Kampfes gegen den Hunger. Jeden Tag stürben 15.000 Kinder. „Hunger ist Mord“, sagte Müller, „denn wir haben das Wissen und das technische Know-How: Eine Welt ohne Hunger ist möglich.“
Dem vor wenigen Tagen veröffentlichten Welthunger-Index zufolge litten 2020 etwa 811 Millionen Menschen an chronischem Hunger. Vor der Corona-Pandemie, 2019, waren es noch rund 690 Millionen. Rund zwei Milliarden Menschen sind mangelernährt. Zu den Entwicklungszielen der Weltgemeinschaft zählt, den Hunger bis 2030 zu besiegen.
Minister fordert mehr Geld für Entwicklungshilfe
Müller forderte mit Blick auf die künftige Regierung eine weitere Erhöhung des Entwicklungsetats auf ein Prozent des Bruttonationaleinkommens, ein europäisches Lieferkettengesetz und einen europäischen „Green Deal“ für Afrika. Allein dort müssten bis 2050 zwei Milliarden Menschen zusätzlich versorgt werden, etwa mit Strom, ohne das Klima noch weiter zu schädigen. Das werfe ein Schlaglicht auf die Dimension der Probleme, sagte Müller.
Die Bundesregierung legt alle vier Jahre einen entwicklungspolitischen Bericht vor. Dem rund 380 Seiten starken 16. Bericht zufolge wurde 2019 mit 6,2 Milliarden Euro etwa die Hälfte der Mittel für humanitäre Hilfe und Krisenprävention in Konfliktregionen bereitgestellt. Erstmals seit 50 Jahren wurde in der vergangenen Legislaturperiode das am Bruttonationaleinkommen orientierte 0,7 Prozent-Ziel für Entwicklungszusammenarbeit erreicht. Zu den Erfolgen der scheidenden Bundesregierung zählt der Bericht unter anderem die Verabschiedung des Lieferkettengesetzes, die Einführung des staatlichen Textilsiegels „Grüner Knopf“, die verstärkte Entwicklungszusammenarbeit mit afrikanischen Ländern und Klimaprojekte.
Brot für die Welt gegen Fusion
Auch die Präsidentin der Hilfsorganisation „Brot für die Welt“, Dagmar Pruin, lehnte eine Fusion des Entwicklungsministeriums mit dem Außenministerium als „schweren Fehler“ ab. Es brauche ein eigenständiges Ministerium und eine starke Persönlichkeit an der Spitze, um für globale Gerechtigkeit zu streiten, sagte sie. Man könne ja auch nicht die Harmonisierung von Ökologie und Wirtschaft erreichen, indem man die Ministerien zusammenlege, erklärte die Hilfswerk-Chefin. Pruin forderte von der künftigen Spitze des Ministeriums mehr Einsatz für „globale Impfgerechtigkeit“, da die Corona-Pandemie den Hunger noch verschärft habe. Bei keinem anderen Entwicklungsziel sei man so weit vom Kurs abgekommen wie bei der Bekämpfung des Hungers, sagte Pruin.
Der Entwicklungsetat hat in diesem Jahr einen Umfang von rund 12,5 Milliarden Euro. Darin enthalten sind 1,5 Milliarden Euro, die für Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sowie deren Folgen bereitgestellt wurden. Das internationale Ziel einer ODA-Quote von 0,7 Prozent für staatliche Entwicklungshilfe hat Deutschland für 2020 erreicht, wobei die Ausgaben für Flüchtlinge im Inland mitgerechnet werden. Die ODA-Quote (Official Development Assistance) gibt den Anteil der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit am Bruttonationaleinkommen an und macht sie international vergleichbar. (epd/mig) Aktuell Politik
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