Flüchtlingspolitik
Besorgnis über Lage an polnisch-belarussischer Grenze wächst
Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze ist für die Flüchtlinge dramatisch. Hilfswerke schlagen Alarm, Politiker beschuldigen andere Akteure. Die Verlierer sind die Menschen, die bei eisigen Temperaturen an der Grenze ausharren und ums Überleben kämpfen.
Montag, 15.11.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 14.11.2021, 15:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Besorgnis über die Lage der Flüchtlinge an der polnisch-belarussischen Grenze wächst. Hilfswerke forderten am Wochenende einen freien Zugang zu den Menschen, die Organisation Pro Asyl warf der Europäischen Union eine Abschottungspolitik vor. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) appellierte an Brüssel, sich schnell zu einigen, wie den Flüchtlingen geholfen werden könne. Außenminister Heiko Maas (SPD) drohte Fluggesellschaften mit dem Entzug von Überflugrechten und Landegenehmigungen.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die polnische Wohltätigkeitsorganisation WOSP forderten humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge an der Grenze. Die Menschen, darunter auch Schwangere und Kinder, litten an Unterkühlung und seien erschöpft, sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Samstag). Die Abriegelung der Grenzregion widerspreche dem humanitären Grundsatz, demzufolge zu allen Menschen in Not Zugang gewährt werden müsse. WOSP-Präsident Jurek Owsiak sprach von der „größten humanitären Katastrophe in unserer unmittelbaren Umgebung, die ich je gesehen habe“.
Pro Asyl erklärte in Frankfurt am Main, der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko könne die EU nur deshalb vorführen, weil sie bereit sei, Werte wie Menschlichkeit und das Asylrecht über Bord zu werfen. Der Geschäftsführer der Flüchtlingshilfsorganisation, Günter Burkhardt, forderte am Sonntag, den an der Grenze Festsitzenden die Einreise in die EU zu gestatten. Deutschland solle diejenigen aufnehmen, die familiäre Bezüge zu Deutschland hätten.
Käßmann: Bilder nicht ertragbar
Bundestagspräsidentin Bas sagte, die Flüchtlinge würden mit falschen Versprechungen an die Grenze zur EU gebracht. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen und ihre Schicksale als Druckmittel benutzt werden“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das trifft Europa mit seinen humanitären Werten besonders.“
Die evangelische Theologin Margot Käßmann äußerte sich ebenfalls entsetzt über die Lage der Flüchtlinge. Sie könne die Bilder der Menschen, die an der Außengrenze Europas bei eisigen Temperaturen schutzlos in Wäldern kampierten, kaum ertragen, schrieb die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland in der „Bild am Sonntag“. Sie beklagte, in Deutschland herrsche eine „Angststarre, die Rechten könnten sagen, es würde Deutschland überfremden, wenn wir auch diese Flüchtlinge noch ins Land lassen“. An Brüssel appellierte sie, ein Machtwort zu sprechen.
Maas droht Airlines
Außenminister Maas drohte in den Funke-Zeitungen allen Airlines, die sich weiter am Transport von Flüchtlingen nach Belarus beteiligten, mit dem Entzug von Überflugrechten und Landegenehmigungen in der EU. Er rief die Fluggesellschaften auf, sich wie die Turkish Airlines „aus der Schleuserkette auszuklinken“.
Seit Monaten versuchen Menschen aus Staaten wie Afghanistan oder dem Irak, über Belarus in die EU zu gelangen. Ihre Zahl hat sich zuletzt deutlich erhöht. EU-Spitzenpolitiker werfen dem belarussischen Staatschef Lukaschenko vor, die Menschen mit Versprechungen einer leichten Einreise anzulocken und dann an die Grenze zu Polen, Litauen oder Lettland zu schleusen. Nach Medienberichten sitzen Tausende Flüchtlinge und Migranten im Grenzgebiet fest. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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