Covax erreicht „Meilenstein“
Entwicklungsministerin Schulze lehnt Freigabe von Impfpatenten ab
In Entwicklungsländern sind deutlich weniger Menschen gegen Covid geimpft als in den Industriestaaten. Bei der Verteilung von Impfdosen an arme Staaten meldet das internationale Covax-Programm aber Fortschritte. Deutschland blockt weiter die Freigabe von Impfpatenten.
Montag, 17.01.2022, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 16.01.2022, 17:11 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) lehnt eine Aufhebung von Impfstoffpatenten im Kampf gegen die weltweite Corona-Pandemie weiter ab. „Ich bezweifle, dass die Entwicklungsländer leichter an Impfstoffe herankommen, wenn wir die Patente freigeben“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Hilfreich seien Unternehmenspartnerschaften, erklärte sie: „Es geht um Produktion in Lizenz. Das Know-how für die Produktion von mRNA-Impfstoffen muss in Entwicklungsländer weitergegeben werden.“
Schulze bestritt, den Konflikt mit den Herstellern zu scheuen. „Ich bin hier für Pragmatismus. Theoretische Fundamentalpositionen bringen uns nicht weiter“, sagte sie. Es komme darauf an, dass die Produktion laufe, und das gehe am besten und am schnellsten mit den Unternehmen zusammen.
Zugleich warb die Ministerin dafür, Entwicklungsländer beim Aufbau einer eigenen Impfstoffproduktion zu unterstützen. „Mein Ziel ist, dass Entwicklungsländer in Zukunft nicht mehr auf Impfstoffspenden angewiesen sein werden“, sagte Schulze. „Dafür ist es ist ganz zentral, dass sie eine eigene Impfstoffproduktion aufbauen. Dabei helfen wir mit Geld und Know-how.“ Der Startschuss müsse in diesem Jahr fallen, forderte sie. „Dafür werbe ich auch in der EU und im Rahmen unserer G7-Präsidentschaft.“
Covax-Programm erreicht „Meilenstein“
Deutschland habe bereits mehr als 500 Millionen Euro für den Auf- und Ausbau der Impfstoffproduktion in Afrika zur Verfügung gestellt, unterstrich die Ministerin und kündigte weitere Investitionen an: „Es reicht ja nicht, eine Fabrik hochzuziehen. Sie brauchen auch die Rahmenbedingungen, von gut ausgebildeten Fachkräften vor Ort bis zu funktionierenden Regulierungsbehörden. Ich möchte das weiter ausbauen.“
Über das Covax-Programm sind mittlerweile mehr als eine Milliarde Corona-Impfdosen an Entwicklungsländer geliefert worden. Wie die Impfallianz Gavi am Samstag mitteilte, wurden die Dosen an 144 Länder gespendet. Dies sei ein „Meilenstein“ in der größten und schnellsten Impfkampagne der Geschichte. Im Covax-Programm haben sich mehrere internationale Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Kinderhilfswerk Unicef und die Impfallianz Gavi zusammengeschlossen, um eine gleichmäßigere Verteilung von Corona-Impfstoffen zu gewährleisten.
EU-Kommission bittet um mehr Spenden
Die EU-Kommission rief derweil Deutschland und die anderen EU-Staaten zu weiteren Corona-Impfstoffspenden auf. Bis Ende Juni wolle die Europäische Union insgesamt 700 Millionen Dosen an Entwicklungsländer geliefert haben, sagte die EU-Kommissarin für internationale Partnerschaften, Jutta Urpilainen, den Funke-Zeitungen. „Was wir jetzt brauchen ist, dass die Mitgliedstaaten mehr Impfstoff-Dosen teilen, um dieses 700-Millionen-Ziel zu erreichen“, sagte die Finnin. „Ich zähle auf Deutschlands Unterstützung.“
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hatte Ende Dezember angekündigt, dass Deutschland im Jahr 2022 mindestens 75 Millionen Corona-Impfdosen an ärmere Staaten spenden werde. Das für 2021 gesetzte Ziel von 100 Millionen Dosen sei erreicht worden.
Impfquote in Afrika nur 9 Prozent
Insgesamt hat die EU bis Ende vergangenen Jahres nach Urpilainens Worten 380 Millionen Dosen für Entwicklungsländer zur Verfügung gestellt. Die EU sei weltweit der größte Spender von Covid-19-Impfstoffen, betonte die Kommissarin. „Wir tun eine Menge, aber nicht genug: Das gilt vor allem für Afrika, wo wir mehr erreichen müssen“, mahnte sie. Afrikanische Länder beklagen, dass die Lieferungen unregelmäßig erfolgen, die Impfdosen oft nur noch eine geringe Haltbarkeit haben und nötige Spritzen nicht mitgeliefert werden.
Weltweit liege der Anteil der vollständig Geimpften bei 50 Prozent der Bevölkerung, in der EU bei 64 Prozent – in Afrika dagegen nur bei neun Prozent. „Wir müssen die gesamte Weltbevölkerung impfen, um die Pandemie zu beenden“, betonte Urpilainen. „Niemand ist sicher, bis alle sicher sind.“ (epd/mig) Aktuell Politik
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