Rassismus bei Grenzkontrollen
Mehr als 218.000 Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland angekommen
Die Zahl der in Deutschland ankommenden Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine steigt weiter. Ein Großteil von ihnen sind Frauen. Um sie vor Sexualstraftätern zu schützen, wird die Polizeipräsenz an Bahnhöfen verstärkt. Kritik ernten weiterhin rassistische Zurückweisungen an Grenzen.
Montag, 21.03.2022, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 20.03.2022, 15:12 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
In Deutschland sind mittlerweile deutlich mehr als 200.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angekommen. Das Bundesinnenministerium gab die Zahl der von der Bundespolizei registrierten Flüchtlinge am Sonntag mit 218.301 an. Die tatsächliche Zahl kann höher sein, weil es an der deutsch-polnischen Grenze keine regulären Kontrollen gibt. UN-Angaben zufolge hat der russische Angriffskrieg in der Ukraine bislang rund zehn Millionen Menschen – sowohl Binnenvertriebene als auch Menschen, die das Land verlassen haben – in die Flucht getrieben. Im früheren Berliner Flughafen Tegel nahm ein Ankunftszentrum für Flüchtlinge seinen Betrieb auf. Derweil kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verstärkte Polizeipräsenz an Bahnhöfen an, um Ukrainerinnen vor Sexualstraftätern zu schützen.
Im Ankunftszentrum im früheren Flughafen Tegel können laut Berliner Senatsverwaltung täglich bis zu 10.000 Vertriebene versorgt, registriert und weitergeleitet werden. Berlin ist derzeit einer der Hauptankunftsorte für Flüchtlinge aus der Ukraine. Der Bund unterstützt dabei, die Menschen im Bundesgebiet zu verteilen, weil die Kapazitäten insbesondere in den Großstädten an ihre Grenzen kommen.
Zu Gefahren für Frauen aus der Ukraine an den Bahnhöfen sagte Innenministerin Faeser dem Boulevardblatt „Bild am Sonntag“: „Jeder, der es versucht, die Not der Geflüchteten auszunutzen, sollte wissen: Auf solche Taten reagieren wir mit aller Härte des Gesetzes.“ Niemand dürfe das Leid der Flüchtlinge missbrauchen. Es gebe daher massive Polizeipräsenz an den Bahnhöfen, in Uniform und in Zivil, erklärte Faeser: „Alle sind sensibilisiert, jede Gefährdung sofort zu melden und einzuschreiten.“ Die Bundespolizei erteilte laut „Bild am Sonntag“ bereits mehrere Platzverweise, unter den verdächtigen Männern waren demnach auch vorbestrafte Sexualtäter.
Rassismus an Grenzen gegen Drittstaatsangehörige
Brandenburgs Integrationsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) verurteilte die Diskriminierung von Kriegsflüchtlingen, die nicht ukrainische Staatsbürger sind. Aus der Ukraine kämen auch Menschen aus anderen Staaten, die dort gearbeitet, studiert oder aus anderen Gründen gelebt haben, erklärte Nonnemacher am Sonntag in Potsdam. „Viele von ihnen berichten, dass sie auf ihrem Weg nach Deutschland diskriminierende Erfahrungen machen und auch hier Diskriminierungen erleben“, sagte sie. Es dürfe keine „Flüchtlinge erster und zweiter Klasse“ geben, betonte Nonnemacher. Berichten zufolge werden an der polnischen Grenze insbesondere Personen aus Afghanistan, Jemen, Syrien sowie aus afrikanischen Ländern zurückgewiesen. Wie Faeser am Freitag mitteilte, seien über 90 Prozent der Flüchtlinge, die in Deutschland registriert werden, ukrainische Staatsbürger.
Kritik ernten rassistisch motivierte Zurückweisungen an Grenzen auch aus der Zivilgesellschaft. Der Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen Baden-Württemberg (LAKA BW) etwa fordert Gleichbehandlung von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen. „Seit vielen Jahren sterben tagtäglich Menschen an den EU-Außengrenzen, weil ihnen durch militärische Einheiten und mit brutaler Gewalt der Zutritt in die EU verweigert wird. Sie erfrieren in Wäldern, ertrinken auf gefährlichen Überfahrten im Mittelmeer oder harren seit Jahren unter unmenschlichen Bedingungen in sogenannten EU-Hotspots aus. Diese Menschen dürfen nicht vergessen werden“, heißt es in einer Erklärung.
Handwerkspräsident: Ukrainer können schnell integriert werden
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer geht davon aus, dass viele Flüchtlinge aus der Ukraine schnell in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden. „Aus der Ukraine kommen Menschen, die was draufhaben“, sagte Wollseifer dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Samstag): „Und die können wir gut gebrauchen.“ Nach den bisherigen Erfahrungen mit bereits in Deutschland tätigen Ukrainern sei das Ausbildungsniveau sehr gut, erläuterte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.
Derzeit kämen vor allem Frauen, sagte Wollseifer. „Die bekommen wir sehr schnell in den Arbeitsmarkt integriert, wenn die Kinder in Kitas und Schulen gehen.“ Als Beispiel nannte er Bäckereien und Fleischereien, wo händeringend Verkäuferinnen gesucht würden. „Und auch in anderen Branchen fehlt Personal.“ (epd/mig) Aktuell Panorama
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