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Angola

Ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland und USA

Vor 20 Jahren ging der längste Bürgerkrieg Afrikas zu Ende. Es war der vorerst letzte Stellvertreterkrieg auf dem Kontinent – unterstützt vom Ausland, USA auf der einen, Russland auf der anderen Seite. Am Ende waren eine halbe Million Zivilisten tot, vier Millionen vertrieben. Hinzu kam Armut, die bis heute geblieben ist.

Von Sonntag, 03.04.2022, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 04.04.2022, 5:43 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Am 4. April 2002 wehten vor dem Parlament in der angolanischen Hauptstadt Luanda weiße Fahnen. Drinnen hatten sich zwei hochrangige Militärs zusammengefunden, um ein Friedensabkommen zu unterzeichnen: der Chef der angolanischen Streitkräfte, General Armando da Cruz Neto, und der Stabschef der Rebellenbewegung „Vereinigung für die völlige Unabhängigkeit von Angola“ (Unita), General Abreu Muengo Ukwachitembo „Kamorteiro“. Mit ihrer Unterschrift beendeten sie nach 27 Jahren den längsten Bürgerkrieg Afrikas und den bis dahin letzten Stellvertreterkonflikt des Kalten Krieges.

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Die beiden wichtigsten Kriegsparteien waren vom Ausland unterstützt worden: Die kommunistische „Volksbewegung zur Befreiung Angolas“ (MPLA) von Kuba und der Sowjetunion, die pro-westliche Unita von Südafrika und den USA. Am Ende war eine halbe Million Zivilisten tot, über 100.000 waren vom Krieg versehrt, vier Millionen Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben, ein Drittel der Bevölkerung. Nur noch ein paar 100 Kilometer Straße waren problemlos passierbar – Angola ist dreimal so groß wie Deutschland. Die übrigen Straßen waren zerstört, viele Lehmpisten und Felder vermint, der Anbau von Lebensmitteln und der Gang zum Markt lebensgefährlich. Die Bevölkerung hungerte.

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Krieg mit Bodenschätzen finanziert

Am Tag, an dem das Friedensabkommen unterzeichnet wurde, sagte die Angolanerin Fernanda Fernandez in Luanda dem Deutschlandfunk: „Man kann sagen, dass es fast keine Familie in Angola gibt, die niemanden durch den Krieg verloren hat.“ Gleichzeitig drückte sie eine Bereitschaft zur Versöhnung aus, die damals viele teilten: „Man muss versuchen, zusammen weiterzuarbeiten und ein neues Leben aufzubauen.“

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Die MPLA, die bis heute regiert, ging als Siegerin aus dem Krieg hervor. Beide Seiten hatten sich durch die Ausbeutung von Bodenschätzen finanziert, das Land ist reich an Erdöl und Diamanten. Seit dem Friedensabkommen hat Angola eine beeindruckende wirtschaftliche Entwicklung genommen, vor allem durch den Export von Erdöl. Die Wachstumsraten lagen zum Teil im zweistelligen Bereich.

Viele unter der Armutsgrenze

Die Bevölkerung allerdings profitierte davon kaum, kritisiert die Politikwissenschaftlerin Paula Cristina Roque. „In den letzten Jahrzehnten blieb die Friedensdividende aus, auf die die Angolaner gehofft haben, und die sie verdient hätten.“ Stattdessen habe die Armut zugenommen – auf vielen Ebenen: Die Menschen hätten kaum Zugang zu staatlichen Dienstleistungen, fänden keine Arbeit, und viele lebten unter der Armutsgrenze.

Trotz seines Rohstoff-Reichtums ist Angola einer von weltweit 20 von den UN ausgewiesenen „Hunger-Hotspots“, wo sich die akute Ernährungsunsicherheit voraussichtlich zwischen Februar und Mai noch verschärfen wird. Vor allem im Südwesten des Landes herrscht Dürre, und die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind in ganz Angola deutlich spürbar.

Forderungen nach Notstand

Angesichts dessen forderten Anfang Februar die Bischöfe des Landes die Ausrufung des Notstands. Das sei der einzige Weg für Angola, Zugang zu internationaler Hilfe zu erhalten. Die Regierung weigere sich aber weiterhin, den bereits vor mehr als einem Jahr von zivilgesellschaftlichen Organisationen geforderten Schritt zu tun.

Im August stehen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an. Die regierende MPLA hat die angolanische Politik seit der Unabhängigkeit von Portugal 1975 ununterbrochen kontrolliert und scheint darauf bedacht zu sein, dass dies auch nach den Wahlen so bleibt. Präsident João Lourenço kandidiert für eine zweite Amtszeit. Vor der Abstimmung will die MPLA eine Verfassungsänderung durchsetzen und so erreichen, dass die Stimmen zentral ausgezählt werden und nicht auf lokaler Ebene.

Proteste niedergeschlagen

Das aber verstoße gegen bewährte Wahlpraktiken und verringere die Aufsicht und Rechenschaftspflicht über diese Auszählungen, warnt das Afrika-Zentrum für Strategische Studien (ACSS). Vertreter der Zivilgesellschaft befürchten außerdem, dass mit der Verfassungsänderung die Zählung der Amtszeiten des Präsidenten neu beginnt, Lourenço also länger im Amt bleibt als erlaubt.

In den vergangenen Monaten haben die Sicherheitskräfte in Luanda Proteste gegen die Regierung immer wieder unter Einsatz scharfer Munition niedergeschlagen. Die ACSS-Forschenden befürchten deshalb, dass auch diese Wahlen keinen Bruch mit der Vergangenheit und keine echten Reformen bringen werden. Der Krieg ging vor 20 Jahren zu Ende, ein wirklicher Neuanfang steht immer noch aus. (epd/mig) Aktuell Ausland

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