Verfassungsschutz
Corona-Pandemie hat Antisemitismus verstärkt
Während der Corona-Pandemie wurde antisemitisches Denken verstärkt verbreitet – im Netz oder auf Demos. Das geht aus dem Lagebild des Verfassungsschutzes hervor.
Mittwoch, 20.04.2022, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 21.04.2022, 7:56 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
In der Corona-Pandemie hat sich der Antisemitismus in Deutschland verstärkt. „Teils jahrhundertealte antisemitische Verschwörungsvorstellungen erfahren durch die Pandemie einen neuerlichen Verbreitungsschub, der bis in die Mitte der Gesellschaft reicht“, heißt es in einem Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz, der am Mittwoch in Berlin veröffentlicht wurde. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) versprach den Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland. „Es ist eine Schande für unser Land, wie viel antisemitische Hetze und Menschenverachtung auch heute verbreitet wird“, teilte sie mit.
Verschwörungstheoretisches Denken sei während der Pandemie etwa über soziale Medien kontinuierlich verbreitet worden, heißt es in dem „Lagebild Antisemitismus 2020/2021“. Die Pandemie werde dabei in erster Linie in „bereits bestehende antisemitische Verschwörungstheorien eingebettet“. Durch Lockdowns und Kontaktbeschränkungen sei die Verbreitung antisemitischen Denkens unter anderem forciert worden. Das Internet biete „eine Vielzahl von Möglichkeiten, rechtsextremistisches und antisemitisches Gedankengut bis hin zu terroristischen Gewaltfantasien und Planungen vergleichsweise ungestört auszutauschen und zu verbreiten“, heißt es in dem Bericht.
NS-Verharmlosungen auf Demos
Auf Demonstrationen gab es laut Verfassungsschutz Parolen, Symbole und Äußerungen, die die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes verharmlosten. Beispiel hierfür sei die Verwendung des gelben sogenannten Judenstern-Aufnähers der NS-Zeit mit der Aufschrift „Ungeimpft“. Es sei beschämend, wie „der Völkermord an den europäischen Juden von manchen Corona-Leugnern, die sich einen gelben Stern anheften, verharmlost wurde“, kritisierte Faeser.
Der Polizeilichen Statistik über politisch motivierte Kriminalität des Bundeskriminalamtes zufolge wurden 2020 die meisten antisemitischen Straftaten seit Beginn der Erfassung 2001 verzeichnet. „Zu keinem Zeitpunkt in den letzten 20 Jahren fiel die Zahl unter einen Wert von rechnerisch drei bis vier Delikten pro Tag“, heißt es dazu weiter in dem Bericht des Verfassungsschutzes. Insgesamt wurden mehr als 2.300 Straftaten gezählt – gut 15 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor.
Antisemitismus bis in die Mitte der Gesellschaft
Dass antisemitische Erzählungen bis in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig seien, sei erschreckend, erklärte der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang. Die Narrative dienten als Bindeglied zwischen gesellschaftlichen Diskursen und extremistischen Ideologien. „Es ist gemeinsame Aufgabe der Sicherheitsbehörden und der Zivilgesellschaft, jeder Form von Antisemitismus entschieden entgegenzutreten“, forderte Haldenwang.
Der Bericht des Verfassungsschutzes wurde erstmals im Juli 2020 vorgestellt. Er beleuchtet ausschließlich Antisemitismus in seinen verfassungsschutzrelevanten Ausprägungen. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft
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