Budo Wettkampf
Null Punkte für muslimische Kampfsportlerin wegen Kopftuch
Eine 16-jährige Budo-Kämpferin erhielt für ihre Kampftechnik-Vorführung null Punkte. Grund: Sie trug ein Kopftuch. Das löst Diskussionen aus. Muslime werfen der Sport-Federation Rassismus vor. Der Sportverband weist die Vorwürfe zurück.
Sonntag, 19.06.2022, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 19.06.2022, 15:51 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Auftritt einer muslimischen Kampfsportlerin mit Kopftuch bei einem internationalen Wettbewerb in Oldenburg sorgt für heftige Diskussionen in der islamischen Gemeinschaft und in der Kampfsportszene. Die 16-jährige Budo-Kämpferin aus Leer hatte für ihre Vorführung der Kampftechniken wegen des Tragens einer Kopfbedeckung eine Wertung von null Punkten erhalten. Der islamische Landesverband Schura Niedersachsen übte daraufhin deutliche Kritik am Veranstalter, der „International Budo Federation Deutschland“. Das Verhalten des Kampfrichters sei „diskriminierend und demütigend“ gewesen. Der Verband wies den Vorwurf zurück.
Der Islam-Verband erklärte am Wochenende in Hannover, das „ausgrenzende Verhalten“ des Bundeskampfrichters sei nicht nachvollziehbar. Der Verbandsvorsitzende Recep Bilgen verwies auf die Kampfsportart Taekwondo, in der Frauen das Tragen einer Kopfbedeckung erlaubt sei. Eine Taekwondo-Kämpferin mit Kopftuch habe bereits mehrere europäische Wettbewerbe gewonnen. Die Entscheidung passe auch nicht zu den aktuellen Bemühungen des Deutschen Olympischen Sportbundes, Migrantinnen in die Sportvereine zu integrieren. Bilgen appellierte an die „Budo Federation“, die Kleiderordnung für Wettkämpfe zu verändern.
Die „Budo Federation“ hingegen betonte: „Die Wettkampfordnung ist seit vielen Jahren bekannt, und die Turnierausschreibung war ebenfalls Monate vorher bekannt.“ Generalsekretär Andreas von der Haar sagte dem „Evangelischen Pressedienst“, bei der Demonstration der Kampfformen gebe es aus traditionellen Gründen für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine strenge Kleiderordnung.
Muslime: Ausschluss sexistisch und diskriminierend
Der „Bund der Muslimischen Jugend“ (BDMJ) zufolge ist die Wettkampfordnung der Interpretation zugänglich. Vor Ort sei der Einblick in das Regelwerk zudem verweigert worden. „Wir sind empört und enttäuscht über diesen diskriminierenden Vorfall“, heißt es in einer BDMJ-Mitteilung. Es sei ein Armutszeugnis, dass in Deutschland Sportlerinnen mit Kopftuch Steine in den Weg gelegt werden.
Die vorgeschobene vermeintliche Verletzungsgefahr durch das Kopftuch sei absurd: „Wir leben im Jahr 2022. Weltbekannte Konzerne entwickeln längst optimale Kopftücher für Sportlerinnen und sogar Olympiateilnehmerinnen. Wenn männliche Verantwortliche Sportlerinnen von Wettkämpfen ausschließen, weil die Kleidung nicht ihren antiquierten Vorstellungen entspricht, dann ist dies wahlweise Ausdruck sexistischen, diskriminierenden oder machohaften Verhaltens“, so die Kritik der BDMJ. Der Bund fordert Klarstellung vom Sportverband.
Diskussionen beim Wettkampf
Die „Budo Federation“ verweist darauf, dass die 16-jährige Sportlerin in der nachfolgenden Disziplin mit einem Kopfschutz hätte antreten können, der aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben sei. Sie sei zu diesem zweiten Wettbewerb aber nicht mehr angetreten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Null-Punkte Bewertung beim Wettkampf teilweise zu hitzigen Diskussionen geführt. Zahlreiche Wettkampfteilnehmer hatten sich mit der Kopftuchträgerin solidarisiert.
Über die offene deutsche Meisterschaft „German Open 2022“ am 11. Juni, zu der Hunderte Kampfsportler aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden angetreten waren, hatte zuerst die Oldenburger „Nordwest-Zeitung“ berichtet. Danach solidarisierte sich der Trainer der 16-Jährigen von „Budo Nüttermoor“ in Leer mit seiner Schülerin und protestierte gegen die Wertung. Er und ein anderer Verantwortlicher des Vereins wollten dem Bericht zufolge Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundeskampfrichters einlegen. Die „Budo Federation“ kündigte an, den gesamten Vorfall in geeigneter Weise aufzuarbeiten. (epd/mig) Aktuell Panorama
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