Hanau-Untersuchungsausschuss
Aktenschwärzungen und gekürzte Videos „mehr als befremdlich“
Umfangreiche Aktenschwärzungen, geschnittene Videos, vorenthaltene Bilder aus Überwachungskameras – der Hanau-Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag ist „befremdet“ über Generalbundesanwalt.
Montag, 20.06.2022, 16:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 24.08.2023, 16:33 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zu den rassistisch motivierten Morden in Hanau 2020 streitet mit Generalbundesanwalt Peter Frank über die Unterstützung der parlamentarischen Aufklärungsbemühungen. Der Ausschussvorsitzende Marius Weiß (SPD) hat den Chef der Karlsruher Ermittlungsbehörde für den 4. Juli zu einer nicht öffentlichen Sitzung des Gremiums in Wiesbaden geladen. Weiß zog am Montag eine Zwischenbilanz der bisherigen Tätigkeit des im Juli 2021 eingesetzten Gremiums.
Nach Angaben des SPD-Politikers geht es im Streit mit Frank vor allem um eine umfangreiche Schwärzung in Akten, die die Bundesanwaltschaft dem Ausschuss überlassen hat, um dem Gremium vorenthaltene Videosequenzen sowie Bilder aus einer Überwachungskamera. Letztere waren bei einer Ausstellung im Frankfurter Kunstverein zu sehen, liegen nach Angaben von Weiß aber dem Ausschuss nicht vor.
Auf Antrag der Oppositionsparteien SPD, FDP und Linke soll der Untersuchungsausschuss mögliche Versäumnisse der Behörden vor und nach dem Anschlag am Abend des 19. Februar 2020 in Hanau aufklären. Dem Einsetzungsbeschluss stimmten im Landtag auch die Regierungsparteien CDU und Grüne zu, nur die AfD-Fraktion votierte mit Nein. Seinerzeit hatte ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen, bevor er schließlich seine Mutter und sich selbst tötete.
Keine Zeit für Anhörungen
Weiß betonte, der Untersuchungsausschuss habe bewusst gleich am Anfang die Angehörigen der Ermordeten angehört, die in erschütternder Weise das damalige Geschehen schilderten. Es bleibe auch dabei, dass für jede Familie der neun Ermordeten in allen öffentlichen Ausschusssitzungen ein Platz reserviert sein werde. Der Ausschussvorsitzende betonte, ihm sei Transparenz sehr wichtig. Nicht öffentlich getagt werde nur, wenn es rechtlich unumgänglich sei.
In den bisher 17 Sitzungen wurden laut Weiß 20 Zeugen und 6 Sachverständige gehört. Von den insgesamt 105 weiteren Benannten würden womöglich nicht mehr alle angehört. Der Ausschuss solle seine Arbeit möglichst bis Sommer 2023 und damit rechtzeitig vor der im Herbst anstehenden Neuwahl des Landtages abschließen.
Offene Fragen
Bislang hätten die Abgeordneten von 14 Behörden insgesamt 369 Aktenordner mit rund 175.000 Blatt Papier erhalten und gesichtet. Als wichtigste noch zu klärende Fragen gelten, warum der Täter eine Waffenbesitzkarte hatte, der Notausgang in einem Lokal trotz vorheriger Hinweise der Behörden verschlossen blieb und der polizeiliche Notruf an dem Abend nicht erreichbar war.
Dass aufgrund Personalmangels ein Verschulden vorliege, stehe fest, erklärte Heike Hofmann (SPD), Obfrau im Untersuchungsausschuss. „Dafür verdienen die Angehörigen ein Fehlerbekenntnis und eine öffentliche Entschuldigung. Wir sind darüber erschüttert, dass bis zum heutigen Tage der hessische Innenminister Beuth nicht das aufrichtige Gespräch mit den Angehörigen und Überlebenden gesucht hat und sich auch nicht für Fehler, die passiert sind, entschuldigt“, kritisiert die SPD-Politikerin. (epd/mig) Aktuell Panorama
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