Deutschland in der Kritik
Hilfsorganisationen warnen vor Klimaschutz-Rückschritt bei G7-Gipfel
Noch im Mai hatten die G7-Energieminister ein rasches Ende öffentlicher Investitionen in fossile Energieträger zugesichert. Hilfswerke fürchten, dass der G7-Gipfel diese Zusage nun abschwächen könnte. Im Mittelpunkt der Kritik steht Deutschland. Es poche auf Klimaschutz bei Entwicklungsländern, investiere selbst aber in neue fossile Infrastrukturprojekte.
Montag, 27.06.2022, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.06.2022, 6:55 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau droht Hilfsorganisationen zufolge ein deutlicher Rückschritt beim Klimaschutz. Angesichts der Energiekrise könnten bereits gegebene Zusagen zum Ausstieg aus der öffentlichen Finanzierung fossiler Energien bis Ende 2022 in der Abschlusserklärung aufgeweicht werden, sagte Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig dem „Evangelischen Pressedienst“ am Montag. Auch Care, „Brot für die Welt“ und Misereor warnten vor möglichen neuen Investitionen in Energieträger wie Gas.
Eine Verwässerung der bisherigen Zusage scheine insbesondere im Interesse der Bundesregierung zu liegen, erklärte Kowalzig. Hintergrund seien die Bestrebungen Deutschlands, neue Quellen für Energieimporte zu erschließen. Als Beispiel nannte er ein Gas-Förderprojekt im Senegal, das Deutschland unterstützen will.
Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner vermied am Montag mit Verweis auf noch laufende Gespräche eine Bestätigung von Berichten, wonach Deutschland auch über das Jahresende hinaus die Gewinnung fossiler Energie fördern wolle. Er betonte, Deutschland stehe zum Pariser Klimaabkommen. Zugleich müsse aber auch darüber gesprochen werden, wie Gas weiter als Übergangstechnologie genutzt werden könne.
„Ein historischer klimapolitischer Rückschritt“.
„Brot für die Welt“-Chefin Dagmar Pruin nannte öffentliche Investitionen in fossile Energieträger in armen Ländern „entwicklungspolitisch und klimapolitisch unverantwortlich“. Nachdem auch Deutschland bei der letzten Klimakonferenz in Glasgow angekündigt habe, ab 2023 nicht mehr in fossile Energien im Ausland zu investieren, wäre ein Rückzieher in Elmau „ein historischer klimapolitischer Rückschritt“.
Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel warnte, die G7 würden mit einer solchen Entscheidung das in Paris vereinbarte Ziel begraben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Der Klima-Experte der Organisatin Care, Sven Harmeling, sagte: „Auch mit Blick auf die düsteren Klimaszenarien dürfen wir nicht mehr in neue Gas-Explorationen investieren.“ Stattdessen müssten weltweit erneuerbare Energien ausgebaut werden.
„Wenn Industrieländer mit dem Geld wedeln“
Harmeling ergänzte, dass oftmals von Staaten betont werde, man investiere in Gas-Infrastruktur, die dann später für grünen Wasserstoff verwendet werden könne. „Aber wenn die Investitionen erst einmal gemacht sind, werden Fakten geschaffen.“ Für Klimaschutzorganisationen in Afrika werde es dann viel schwieriger, für erneuerbare Energien zu argumentieren, „wenn Industrieländer mit dem Geld wedeln“.
Beim Klimagipfel 2021 in Glasgow hatte ein Staatenbündnis, dem unter anderem die USA, Großbritannien und Deutschland angehören, den Ausstieg aus der öffentlichen Finanzierung fossiler Energien bis Ende des laufenden Jahres angekündigt. Begründete Ausnahmen sind zwar zugelassen, dürfen aber das Ziel nicht gefährden, die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. Mit ein Grund für den Beschluss sind die weltweit zunehmenden Fluchtbewegungen aufgrund des Klimawandels. Immer mehr Menschen verlieren aufgrund von Dürre und anderen klimabedingten Naturkatastrophen ihren Lebensraum, leiden an Armut und Hunger.
Deutschland pocht auf Klimaschutz in Entwicklungsländern
Zu dem Beschluss haben sich auch die G7-Klima- und Energieminister in einer Erklärung im Mai bekannt. Kowalzig hält es für möglich, dass Deutschland nun den Zeitpunkt des Ausstiegs verschieben will und dies in der G7-Abschlusserklärung festgehalten werden könnte.
Der Oxfam-Experte kritisierte, Deutschland poche bei Entwicklungs- und Schwellenländern auf Klimaschutz, wolle nun aber selbst in neue fossile Infrastrukturprojekte investieren, die im Widerspruch zu den Zielen des Pariser Abkommens stünden. Das schade der Glaubwürdigkeit der Bundesregierung. Damit werde Vertrauen bei armen Staaten verspielt. (epd/mig) Aktuell Wirtschaft
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