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Queere Geflüchtete abgeschoben

BAMF: Wenn sie sich „diskret Verhalten“, werden sie schon nicht verfolgt

Queeren Geflüchteten ist wiederholt die Anerkennung ihres Asylantrages verweigert worden, weil sie sich nach einer Abschiebung in ihr Heimatland unauffällig verhalten würden. Diese Praxis der Behörden für Migration und Flüchtlinge löst Empörung aus.

Von Dienstag, 02.08.2022, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 02.08.2022, 13:55 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Es sind seltsame Sätze, die sich in den negativen Bescheiden finden. Der Antragsteller lebe seine Sexualität nicht auf eine Weise aus, „dass womöglich radikalislamische Personen auf ihn aufmerksam würden“, heißt es in einem behördlichen Bescheid. Anderswo steht geschrieben, es sei anzunehmen, dass man zwei Männern in Algerien „nicht ansehen würde, dass sie eine Ehe geschlossen haben“.

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Es sind Sätze aus Bescheiden, mit denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) queeren Geflüchteten Asyl in Deutschland verweigert hat. Knapp 100 solcher Bescheide hat der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) eigenen Angaben zufolge gesammelt, einige davon liegen dem „Evangelischen Pressedienst“ vor. Die Logik der Behörde geht ungefähr so: Wenn sich ein queerer Geflüchteter in seinem Heimatland unauffällig verhält, kann er auch nicht seiner Sexualität wegen verfolgt werden – und folglich auch nicht erfolgreich Asyl beantragen.

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Das Verfahren, das das Bamf in seinen Bescheiden anwendet, nennt sich Diskretionsprognose: Ist davon auszugehen, dass sich ein Mensch nach einer Abschiebung diskret verhält – also so, dass er keinen Ärger zu erwarten hat? Dass diese Diskretion bereits Teil von Unterdrückung und Verfolgung ist, könnte das Bamf eigentlich wissen: So hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2013 entschieden, Behörden könnten „vernünftigerweise nicht erwarten, dass der Asylbewerber seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält“.

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Absurde Bescheide

Auch die Behörde selbst teilte im Dezember 2021 mit, eine Diskretionsprognose könne sich nur beschränken „auf wenige Einzelfälle, in denen Antragstellende die diskrete Lebensweise aus eigenem, freiem Willen für sich akzeptieren“.

Der LSVD zeigt sich fassungslos. Bundesvorstandsmitglied Patrick Dörr sagte dem „Evangelischen Pressedienst“: „Das Problem bei Diskretionsprognosen ist, dass das Bamf davon ausgeht, dass es queere Menschen gäbe, die aus einem inneren Bedürfnis heraus ein lebenslanges Doppelleben führen wollten.“ Es sei zynisch, queeren Geflüchteten aus ihrer Angst und Scham einen Strick zu drehen. „Da solche Prognosen nicht seriös anzustellen sind, führen sie zwangsläufig immer wieder zu absurden Bescheiden.“

Bamf weist Kritik zurück

Das Bamf weist die Kritik zurück. Man handle im Einklang mit dem Urteil des EuGH, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Antragstellenden sei zwar nicht zuzumuten, bei einer Rückkehr in ihr Heimatland gefahrenträchtige Verhaltensweise vermeiden zu müssen. Würden die betroffenen Personen allerdings erklären, dass sie „aus eigenem freien Willen“ ihre sexuelle Identität oder geschlechtliche Orientierung im Verborgenen auslebten, werde dies bei der Beurteilung der Verfolgungslage „berücksichtigt“.

Was genau „aus freiem Willen“ bedeutet und wie dies festgestellt werden soll, dazu macht die Asylbehörde keine detaillierten Angaben – sie verweist lediglich darauf, dass „fundierte Herkunftsländer-Leitsätze“ zur Verfügung stünden, die beständig aktualisiert würden. Zudem gebe es in Schulungen eine „vertiefende Sensibilisierung“. Allerdings: „Homosexualität war noch nie ein alleiniges Kriterium für die Zuerkennung eines Schutzstatus“, erklärt das Bamf. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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