„Wirklich unverantwortlich“
Nahost-Experten entsetzt über drohendes Aus für Portal „Qantara“
Das Internetportal „Qantara“, das den Dialog mit der arabischen und islamischen Welt fördern soll, steht vor dem Aus. Der Bund will die Förderung zum Jahresende auslaufen lassen. Führende Nahost-Experten appellieren an das Auwärtige Amt, die Einstellung zu überdenken.
Sonntag, 18.09.2022, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 18.09.2022, 14:18 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Führende Nahost-Experten haben an das Auswärtige Amt appelliert, die drohende Einstellung des Internetportals „Qantara“ zu stoppen. Die Teilnehmer des Deutschen Orientalistentags in Berlin hätten einstimmig dazu aufgerufen, die Plattform zu retten, sagte der Präsident der Europäischen Vereinigung für Nahoststudien (EURAMES), der Mainzer Geograf Günter Meyer. „Qantara“ sei für den kulturellen Dialog mit der arabischen und islamischen Welt unverzichtbar und müsse erhalten werden. Zahlreiche namhafte Fachleute hatten zuvor bereits einen Offenen Brief unterzeichnet und davor gewarnt, dem Portal die staatliche Förderung zu streichen.
Zu den mehr als 70 Erstunterzeichnern des Aufrufs gehörten unter anderen auch der Schriftsteller Navid Kermani, der frühere CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz und der Direktor der „Bildungsstätte Anne Frank“, Meron Mendel. Die „Deutsche Welle“, die das 2003 gestartete Projekt inhaltlich verantwortet, hatte Anfang September bestätigt, dass die Förderung durch den Bund bereits zum Jahresende auslaufen soll.
„Wirklich unverantwortlich“
Laut Meyer, dem Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt an der Universität Mainz, trägt insbesondere die arabischsprachige Version des Portals zur Meinungsbildung in der Region bei. Die Inhalte würden in den arabischen Ländern als politisch neutral geschätzt und von vielen Medien aufgegriffen. Die überschaubaren Zuschüsse des Bundes in Höhe von 380.000 Euro pro Jahr hätten dadurch einen gewaltigen Effekt. Gerade deshalb sei es „wirklich unverantwortlich“, die Seite abzuschalten. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es durchaus noch möglich, das zu revidieren“, sagte der Forscher.
„Qantara“ sollte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 den Dialog mit der islamischen Welt fördern und helfen, Vorurteile abzubauen. Das Portal veröffentlicht auf Deutsch, Englisch und Arabisch Beiträge zu Politik, Gesellschaft und Kultur in islamisch geprägten Ländern und informiert über interkulturelle und interreligiöse Debatten in Deutschland. Das Portal, das seit vielen Jahren Medienpartner von „MiGAZIN“ ist, stand bereits 2014 vor dem Aus, weil die Bundesregierung die Förderung einstellen wollte. Die Entscheidung wurde nach Kritik revidiert. (epd/mig) Aktuell Feuilleton
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