Bundesrat
Grünes Licht für Chancen-Aufenthaltsrecht, Asylbeschleunigung und Kita-Qualitätsgesetz
In seiner letzten Plenarsitzung des Jahres hat der Bundesrat grünes Licht für das Chancen-Aufenthaltsrecht gegeben. Auch die Gesetze zur Beschleunigung von Asylverfahren und das Kita-Qualitätsgesetz passierten die Länderkammer. Erinnert wurde auch an die Verfolgung und Ermordung Hunderttausender Sinti und Roma.
Sonntag, 18.12.2022, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 18.12.2022, 11:59 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Bundesländer haben grünes Licht für das Chancen-Aufenthaltsrecht für langjährig in Deutschland nur geduldete Ausländer, für das Gesetz zur Beschleunigung von Asyl- und Asylgerichtsverfahren und das Kita-Qualitätsgesetz gegeben. Der Bundesrat ließ die Gesetze am Freitag in Berlin passieren.
Mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht sollen Menschen, die am 31. Oktober dieses Jahres bereits seit fünf Jahren ohne sicheren Aufenthaltstitel in Deutschland lebten, für 18 Monate den neuen Status bekommen, um innerhalb dieser Zeit die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht nachzuweisen.
Grünes Licht auch für Asyl-Beschleunigung
Dazu zählen unter anderem Sprachkenntnisse, der Identitätsnachweis und die Sicherung des Lebensunterhalts. Wer das nicht schafft, fällt in die Duldung zurück. Straftäter und deren Familien sind vom Chancen-Bleiberecht ausgeschlossen. Vom neuen Bleiberecht profitieren könnten rund 137.000 der etwa 248.000 Geduldeten, die zum Stichtag 31. Oktober in Deutschland lebten.
Ebenfalls gebilligt wurde vom Bundesrat ein Gesetz zur Beschleunigung von Asyl- und Asylgerichtsverfahren. Einzelne Detailregelungen sollen dazu führen, dass im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sowie in Verfahren vor Verwaltungsgerichten schneller eine Entscheidung fallen kann. Dazu gehört etwa die Möglichkeit von Video-Anhörungen im Asylverfahren, was stark kritisiert wurde. Erstmals eingeführt wird mit dem Gesetz zudem eine behördenunabhängige Asylverfahrensberatung.
Bundesrat billigt Kita-Qualitätsgesetz
Mit dem Kita-Qualitätsgesetz hat der Bundesrat außerdem die Finanzierung von Sprach-Kitas bis Mitte 2023 durch den Bund gebilligt. Damit werden Qualitätsverbesserungen in Kindertagesstätten in den nächsten beiden Jahren vom Bund mit rund vier Milliarden Euro gefördert. Die Länder müssen damit erst ab Mitte 2023 die Finanzierung der Sprachförderung übernehmen.
Eigentlich läuft das Bundes-Modellprogramm zur Förderung von Kindern, die nicht gut Deutsch sprechen, zum Ende des Jahres aus. Das hatte für Protest seitens der Länder und von Eltern sowie Trägern von Kindertagesstätten gesorgt, weil eine Anschlussfinanzierung nicht gesichert war.
Aus den Ländern kommt aber weiter Kritik am nun gefundenen Kompromiss. Die Übergangsfinanzierung nur für ein halbes Jahr greife zu kurz, sagte die Ministerin für Bundesangelegenheiten von Mecklenburg-Vorpommern, Bettina Martin (SPD). Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) ging auf die Kritik nicht konkret ein, sagte aber, sie sei sicher, dass für die Fortführung des Programms eine Lösung gefunden werde.
Kita-Qualitätsgesetz folgt auf Gute-Kita-Gesetz
Das Kita-Qualitätsgesetz folgt auf das sogenannte Gute-Kita-Gesetz der Vorgängerregierung. Bis 2025 will die Koalition aus SPD, Grünen und FDP bundesweit einheitliche Standards für die Qualität der Kinderbetreuung entwickeln, nachdem Bund und Länder viele Jahre vor allem in die Erhöhung der Zahl der Betreuungsplätze investiert hatten. In Deutschland werden rund 3,5 Millionen Kinder bis zu ihrer Einschulung in Kindertagesstätten oder von Tageseltern betreut.
Anders als bisher dürfen die Länder das Fördergeld des Bundes nicht für weitere Beitragsentlastungen zugunsten der Eltern einsetzen. Es soll vor allem für die Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte, für die Sprachförderung, für Tagesmütter und -väter sowie für gesundes Essen, Gesundheitsvorsorge und für Bewegungsangebote ausgegeben werden.
Erinnerung an Verfolgung von Sinti und Roma
In seiner Sitzung hat der Bundesrat auch zum 80. Jahrestag des sogenannten Auschwitz-Erlasses, der zur Ermordung Hunderttausender Sinti und Roma im Nationalsozialismus führte, der Opfer gedacht. Den Verbrechen der Nationalsozialisten sei eine halbe Million Sinti und Roma zum Opfer gefallen, sagte Bundesratspräsident Peter Tschentscher (SPD). Vor der regulären Tagesordnung legten die Ländervertreter eine Schweigeminute für die Ermordeten ein. Vertreter von Opferverbänden waren zu Gast im Bundesrat.
Tschentscher erinnerte daran, dass die Bundesrepublik Sinti und Roma lange nicht als Opfer anerkannt und entschädigt habe. Erst 1982 sei es Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlern sowie dem Zentralrat der Sinti und Roma gelungen, das durchzusetzen, sagte der Erste Bürgermeister von Hamburg. Damit habe sich die Bundesrepublik 37 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg zu dieser historischen Verantwortung bekannt.
Seit 1994 erinnert der Bundesrat in seiner letzten Plenarsitzung des Jahres an die Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten. Anlass ist der am 16. Dezember 1942 vom damaligen Reichsführer Heinrich Himmler unterzeichnete sogenannte Auschwitz-Erlass, der die Deportation von Sinti und Roma anordnete. Hunderttausende wurden während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet. (epd/mig) Aktuell Politik
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