„Title 42“
Restriktive Pandemievorschriften an der US-Grenze vor der Aus
Seit Beginn der Corona-Pandemie können die USA Flüchtlinge an der Grenze zu Mexiko pauschal abweisen. Menschenrechtler registrieren seitdem mehr Gewalt gegen die Migrantinnen und Migranten. Nun könnte die Praxis enden.
Von Konrad Ege Montag, 19.12.2022, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 19.12.2022, 13:34 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Eine weitreichende Vorschrift mit harmlos wirkendem Namen steht vor dem Aus: „Title 42“, die während der Corona-Pandemie eingeführte Abweisung von Flüchtlingen an der Grenze zwischen USA und Mexiko, endet am Mittwoch. Die Regierung des demokratischen Präsidenten Joe Biden will die restriktive Praxis nicht verlängern, die zur pauschalen Zurückweisung von mehr als zwei Millionen Asylsuchenden und Migranten geführt hat. Ex-Präsident Donald Trump hatte „Title 42“ im März aus Gründen der „öffentlichen Gesundheit“ eingeführt. Einige republikanisch regierte Bundesstaaten wollen das Auslaufen womöglich per Gericht verhindern.
Das Heimatschutzministerium kündigte vergangene Woche Maßnahmen an, um den erwarteten Andrang an der Südgrenze der USA zu bewältigen. Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas warnte, das „veraltete Einwanderungssystem“ der USA stehe unter Druck. Republikanische Gouverneure sprachen hingegen vor einem „enormen Desaster“ an der rund 3.200 Kilometer langen Grenze und behalten sich einen Eilantrag vor dem Obersten Gericht gegen das Ende von „Title 42“ vor.
Vergangenen April befand die Gesundheitsbehörde (CDC), die generellen Einreiseverbote aus Pandemie-Gründen seien nicht länger gerechtfertigt. Seitdem wird vor Gericht und in der Politik über „Title 42“ gestritten. Hilfsverbände fordern die Aufhebung der Regelung. Sie werde unsachgemäß und als Vorwand gegen Asylbewerber angewendet. Am 15. November hatte ein Bundesrichter in Washington geurteilt, „Titel 42“ sei willkürlich, das Gesetz dürfe nicht bestehen bleiben. Die Regierung müsse bis zum 21. Dezember entsprechende Vorbereitungen treffen. Ein Berufungsgericht in Washington bestätigte dieses Urteil am Freitag.
13.480 Berichte über Mord, Kidnapping und Gewaltverbrechen
Die Menschen, die über Mexiko in die USA wollen, kommen vornehmlich aus Nicaragua, Honduras und Guatemala sowie aus Venezuela. Sie sind auf der Suche nach Zuflucht vor Gewaltkriminalität und hoffen auf wirtschaftliche Verbesserungen. Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights First haben „Titel 42“-Abweisungen Migranten in große Gefahr gebracht. Es lägen seit Beginn der Regierung Biden im Januar 2021 rund 13.480 Berichte über Mord, Kidnapping und andere Gewaltverbrechen gegen nach Mexiko zurückgeschickte Menschen vor.
Die Maßnahmen des Heimatschutzministeriums für die Zeit nach „Titel 42“ enthalten „erweiterte gesetzeskonforme Schritte“ für Asylsuchende und „deutliche Konsequenzen“ für Migranten, die sich nicht an Vorschriften halten. Der Grenzschutz habe rund 1.000 Fachkräfte und 2.500 Mitarbeiter von außen eingestellt, heißt es in einem Planungspapier des Ministeriums. Verbesserungen und Digitalisierung hätten Bearbeitungszeiten reduziert. Das Ministerium stelle zusätzliche Gelder für Hilfsorganisationen und Grenzorte bereit zur Versorgung von Migranten.
„Veraltetes Einwanderungssystem“
Denn manche Orte sind mit dem Ansturm und der Versorgung der Menschen überfordert. Im Grenzabschnitt El Paso im US-Bundesstaat Texas sind laut Medienberichten zuletzt an manchen Tagen mehr als 2.000 Migranten ohne Papiere angekommen. Der stellvertretende Verwaltungschef von El Paso, Mario D’Agostino , sagte der Online-Zeitung „Texas Tribune“, der Ort habe ein „großes Herz“, sei jedoch nicht in Lage, so vielen zu helfen. Nach dem Auslaufen von „Titel 42“ werden viel mehr Migranten und Asylsuchende erwartet.
Heimatschutzminister Mayorkas warnte, es werde dauern, das „veraltete Einwanderungssystem“ zu verbessern. Auf der ganzen Welt nehme Migration zu wegen wirtschaftlicher und politischer Instabilität. (epd/mig) Aktuell Ausland
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