Gesetzesentwurf
Deutliche Erleichterungen bei Einbürgerungen geplant
Die Hürden im Einbürgerungsprozess sollen deutlich abgesenkt werden. Dazu gehört die generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit und die Streichung der Optionspflicht. Das geht aus dem Entwurf für ein neues Staatsangehörigkeitsrecht hervor.
Sonntag, 08.01.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 08.01.2023, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der sogenannte Doppelpass ist de facto bereits die Regel in Deutschland. Aufgrund zahlreicher Ausnahmeregelungen erfolgen mehr als die Hälfte aller Einbürgerungen bereits unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit. In den Genuss dieser Normalität sollen künftig alle Menschen kommen. Wer sich in Deutschland einbürgern lassen will, soll seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht mehr aufgeben müssen. Das geht aus einem Entwurf des Bundesinnenministeriums für eine Reform des Staatsangehörigkeitsrecht hervor. Am Freitag wurde er den Ressorts zur Abstimmung zugeleitet. Gelockert werden der Vorlage zufolge auch Anforderungen an den Erwerb der deutschen Sprache. Außerdem wird die Mindestaufenthaltszeit bis zur Antragstellung verkürzt.
Wie aus dem Entwurf hervorgeht, soll für Ausländer, die mindestens 67 Jahre sind, der Einbürgerungstest wegfallen. Damit will die Bundesregierung die Lebensleistung der sogenannten Gastarbeiter-Generation würdigen. Diese Menschen hatten über viele Jahre keine Möglichkeit, einen Integrations- oder Sprachkurs zu besuchen. Von den Erleichterungen sollen auch ihre Angehörige profitieren.
Anders als bisher sollen Einbürgerung zudem schon nach fünf Jahren möglich sein. Wer besondere Integrationsleistungen – herausragende Leistungen in der Schule, ehrenamtliches Engagement oder besonders gute Sprachkenntnisse – mitbringt, soll schon nach drei Jahren Aufenthalt eingebürgert werden.
Streichung der Optionspflicht
Der Entwurf sieht außerdem die ersatzlose Streichung der sogenannten Optionspflicht vor. Nach dieser Regelung müssen in Deutschland geborene Kinder von Ausländern sich als junge Erwachsene zwischen der deutschen Staatsbürgerschaft und der Staatsbürgerschaft der Eltern entscheiden. Gestrichen wird auch eine umstrittene Formulierung aus dem Gesetz: „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“. Eine Einbürgerung soll aber weiter ausgeschlossen bleiben, wenn ein Ausländer beispielsweise durch „durch sein Verhalten zeigt, dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht akzeptiert“ oder mehrere Ehen führt.
SPD, Grünen, und FDP setzen das Vorhaben als Teil ihrer angekündigten Reform der Migrations- und Integrationspolitik um. Die Verleihung der Staatsangehörigkeit soll den Menschen den Weg zur Teilhabe und Mitwirkung öffnen. Filiz Polat, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, bezeichnete das Reformvorhaben als „überfällig“. Deutschland sei seit langem ein Einwanderungsland. Somit sei es allerhöchste Zeit, dieser Tatsache durch eine Reform des Einbürgerungsrechts Rechnung zu tragen“, erklärte sie am Samstag. „Menschen, die sich in unsere Gesellschaft einbringen, Steuern zahlen, haben einen Anspruch auf Teilhabe, mitzubestimmen sowie zu wählen.“ Das sei ein Beitrag zur Behebung eines wachsenden Demokratiedefizits.
CSU: Staatsbürgerschaft wirft verramscht
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle verwies darauf, dass es mit der Reform keinen Rabatt auf die Anforderungen an die deutsche Staatsbürgerschaft geben dürfe. Die Mehrstaatigkeit dürfe nicht über Generationen weitervererbt werden. Vielmehr müsse der Doppelpass möglichst auf die ersten Generationen begrenzt bleiben, forderte der FDP-Politiker. Seine Partei hatte im Vorfeld der Beratungen für diesen sogenannten Generationenschnitt ausgesprochen.
Ablehnend reagierte erwartungsgemäß die CSU auf den Gesetzesentwurf. Dieser sei „nicht zustimmungsfähig“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im Fernsehsender „Welt“, der zum Axel-Springer-Verlag gehört. Der Doppelpass werde zur Regel und die Staatsbürgerschaft „verramscht“. So würden Integrationsbemühungen nicht befördert, warnte er. „Dann hat man zwar eine deutsche Staatsbürgerschaft, aber lebt in einer Parallelgesellschaft. Das ist nicht, was wir uns als Zukunftsmodell vorstellen“, sagte Dobrindt. (mig) Aktuell Politik
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