Studie
Deutsche Staatsangehörigkeit ab der Geburt erhöht Bildungschancen
Frühzeitiger Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erhöht Bildungserwartungen und Bildungschancen von Kindern mit Migrationserfahrung. Das geht aus einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung hervor. Experten empfehlen: Positive Effekte in der aktuellen Debatte nicht außer Acht lassen.
Sonntag, 15.01.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 16.01.2023, 5:38 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Mit dem Erlangen der deutschen Staatsangehörigkeit bei Geburt können sich einer Studie zufolge schulische Leistungen und Bildungserwartungen von Kindern ausländischer Eltern erhöhen. 30 Prozent der in Deutschland lebenden Kinder haben mindestens einen Elternteil mit Migrationserfahrung. Ein Teil von ihnen würde von der derzeit diskutierten Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes profitieren, zeigen neue Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), wie das Institut in Wiesbaden mitteilte.
Analysen des BiB haben die Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1999 evaluiert, mit der das sogenannte „Geburtsortsprinzip“ eingeführt wurde. Dies bedeutet: Kinder ausländischer Eltern, die ab dem 1. Januar 2000 in Deutschland geboren wurden und von denen mindestens ein Elternteil bereits mindestens acht Jahre lang rechtmäßig in Deutschland gelebt hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt, erlangen automatisch bei Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit.
Gymnasium und Abitur mit deutschem Pass wahrscheinlicher
Die BiB-Analysen belegen demnach, dass der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit von Kindern bei Geburt die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass das Abitur der gewünschte und als realistisch angesehene Schulabschluss des Kindes und der Eltern ist. „Sowohl Eltern als auch Kinder selbst erwarten sehr viel häufiger als diejenigen, die nicht von der Reform betroffen waren, dass das Kind die Schule mit dem Abitur abschließt“, erklärte die BiB-Bildungsforscherin Elena Ziege. Den Angaben zufolge sind 14 beziehungsweise 16 Prozent mehr, die dies erwarten.
Mit der deutschen Staatsangehörigkeit steige aber nicht nur die Erwartung, das Abitur erfolgreich abzuschließen – es nehme auch die Wahrscheinlichkeit zu, dass das Kind nach der vierten Klasse tatsächlich ein Gymnasium besucht. Im Vergleich zu den Kindern, die früher als im Jahr 2000 geboren wurden und daher nicht von der Reform betroffen waren, erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit von 46 auf 62 Prozent. Der Effekt, dass eher ein Gymnasium besucht wird, lasse sich über die gesamte Schulzeit beobachten.
Auch andere Studien belegen positive Effekte
Auch andere wissenschaftliche Untersuchungen belegen BIB zufolge die positive Wirkung des frühzeitigen Staatsangehörigkeitserwerbs auf Kinder mit Migrationserfahrung: „Die deutsche Staatsangehörigkeit vergrößert demnach auch die Wahrscheinlichkeit eines Kitabesuchs. Zusätzlich verbessern sich ihre Deutschkenntnisse, das sozioemotionale Verhalten und die Schulleistungen. Darüber hinaus wiederholen Kinder, die nach der Staatsangehörigkeitsreform die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erwerben konnten, seltener eine Klasse“, so das BIB.
Weitere Studienergebnisse zeigten zudem, dass sich durch den frühen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit der Kinder die soziale Interaktion der Eltern mit Deutschen erhöht. Darüber hinaus verbessern die Eltern ihre Deutschfähigkeiten und lesen häufiger deutsche Zeitungen, was sich wiederum positiv auf die Kinder auswirken kann.
Experten: Einbürgerungseffekte nicht außer Acht lassen
„In der empirischen Forschung gibt es zahlreiche Hinweise darauf, welche positiven Auswirkungen ein früherer Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit auf die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland haben könnte – auch das sollte bei der gegenwärtigen Diskussion nicht außer Acht gelassen werden“, so BiB-Direktorin C. Katharina Spieß.
Zur Messung eines möglichen kausalen Effektes des frühen Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit auf den Bildungserfolg von Kindern verblich das BiB Kinder auf zwei verschiedenen Ebenen: Zum einen Kinder, die im Jahr vor der Reform geboren sind mit Kindern, die im Jahr nach der Reform geboren wurden. Zum anderen Kinder, deren Eltern die vorgeschriebene achtjährige Aufenthaltsbedingung erfüllen mit Kindern, deren Eltern diese Bedingung nicht erfüllen. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel
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