Care-Studie
Medien berichten zu wenig über humanitäre Krisen in Afrika
Der Krieg in der Ukraine ist mit über 2 Millionen Artikeln die medial am meisten dokumentierte Krise. Über die humanitäre Katastrophe in Angola hingegen gibt es nur 2.000 Medienberichte, kritisiert die Hilfsorganisation Care. Es sei besorgniserregend, dass über andere Krisen geschwiegen werde.
Montag, 16.01.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 16.01.2023, 12:27 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Angesichts des Ukraine-Krieges drohen der internationalen Hilfsorganisation Care zufolge viele andere globale Krisen bei der weltweiten Berichterstattung in den Hintergrund zu rücken. Betroffen ist demnach vor allem Zentralafrika, wie Care Deutschland in Bonn mitteilte. Alle zehn humanitären Krisen, über die 2022 in Online-Medien am wenigsten berichtet wurde, beträfen diese Region.
Für die inzwischen siebte jährliche Auswertung „Breaking the Silence (das Schweigen brechen) – zehn humanitäre Krisen, die keine Schlagzeilen machten“ untersuchte der internationale Medienbeobachtungsdienst Meltwater im Auftrag von Care mehr als 5,8 Millionen Online-Artikel in den Sprachen Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch zwischen Januar und Oktober 2022. Demnach war der Krieg in der Ukraine mit 2,2 Millionen Online-Artikeln die am meisten dokumentierte Krise. Dagegen gab es etwa über die in Angola herrschende schlimmste Dürre seit 40 Jahren mit vier Millionen Hungernden lediglich knapp 2.000 Artikel.
Wenig Aufmerksamkeit für Spitzenreiter Angola
Die „Top Ten“ wurden aus einer Liste mit 47 humanitären Krisen herausgefiltert, unter denen jeweils mindestens eine Million Menschen leiden. Nach dem „Spitzenreiter“ Angola, der am wenigsten mediale Aufmerksamkeit erhielt, folgen auf dem zweiten Platz Malawi – 37 Prozent der Kinder sind dort mangelernährt – und auf Platz drei die Zentralafrikanische Republik – dort brauchen 3,1 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Außerdem gelistet sind Sambia, wo die Hälfte der Menschen von weniger als 1,90 Euro am Tag lebt, und der Tschad mit der weltweit zweithöchsten Sterblichkeitsrate von Müttern.
„Die Vereinten Nationen warnten kürzlich vor einer historischen Hungerkrise in Afrika“, erklärte die Vize-Präsidentin für Internationale Programme bei Care, Claudine Awute. Das Ausmaß erlebten Mitarbeiter der Hilfsorganisation täglich bei ihrer Arbeit. „Angesichts dieser dramatischen Lage ist es umso besorgniserregender, dass über die Not der Menschen kaum berichtet wird. Wenn wir weiterhin wegsehen, hat das katastrophale Konsequenzen.“
Medien-Regel: Je näher, desto mehr Aufmerksamkeit
Für den Care-Generalsekretär in Deutschland, Karl-Otto Zentel, belegt die Auswertung auch eine ungeschriebene Regel in der Medienwelt: „Je weniger räumliche Distanz zwischen uns und einer Krise ist und je besser wir uns mit den betroffenen Menschen identifizieren können, desto mehr Aufmerksamkeit widmen wir den Ereignissen.“
Die Geschäftsführerin von Care Österreich, Andrea Barschdorf-Hager, fügte hinzu: „Es ist Teil unseres Auftrags, die vergessenen Krisen zu erwähnen.“ Der Blick der Medien richte sich immer darauf, was aktuell sei. Das heiße aber eben nicht, dass die anderen humanitären Krisen nicht mehr da seien. Weltweit sind nach Angaben von Care inzwischen 339 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe in Form von Wohnungen, Nahrungsmittel sowie Wasser- und Gesundheitsversorgung angewiesen. (epd/mig) Aktuell Feuilleton
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Brandenburg Flüchtlingsrat: Minister schürt Hass gegen Ausländer
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
- Chronisch überlastet Flüchtlingsunterkunft: Hamburg weiter auf Zelte angewiesen