Schulbarometer
Lehrkräftemangel ist dominierendes Problem
Den Schulen fehlen Lehrkräfte, gleichzeitig nehmen sie viele neu eingewanderte Schüler auf. Außerdem kämpfen sie mit der Bürokratie, und die Digitalisierung kommt nur schleppend voran. Das ergab eine Befragung im Auftrag der Robert Bosch Stiftung.
Mittwoch, 18.01.2023, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 18.01.2023, 13:06 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Fachkräftemangel stellt für deutsche Schulen dem Schulbarometer der Robert Bosch Stiftung zufolge die größte Herausforderung dar. Fehlendes pädagogisches Personal nennen rund zwei Drittel (67 Prozent) der Schulleitungen darin als ihr größtes Problem. In sozial benachteiligten Gegenden seien dies sogar 80 Prozent, teilte die Stiftung am Mittwoch in Stuttgart mit. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft forderte mehr Ressourcen für das Bildungssystem.
Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie nannten der repräsentativen Umfrage des forsa-Meinungsforschungsinstituts für die Robert Bosch Stiftung zufolge nur noch neun Prozent der Schulleitungen. Die nur langsam vorankommende Digitalisierung und unzureichende technische Ausstattung (22 Prozent), die Bürokratie (21 Prozent) und hohe Arbeitsbelastung (20 Prozent) spielten im Vergleich zum Fachkräftemangel ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle.
Etwa 2,7 Prozent der Schüler sind den Angaben zufolge Geflüchtete aus der Ukraine. Etwa genauso viele Schüler seien aus anderen Ländern zugewandert. Rund die Hälfte der Schulen sehe keinen Spielraum mehr für weitere Aufnahmen. Wie aus dem Schulbarometer außerdem hervorgeht, werden Ukrainische und insbesondere neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler aus anderen Ländern häufiger in Schulen in sozial schwieriger Lage beschult.
Fachkräftemangel geht zu Lasten von Eingewanderten
Der Lehrkräftemangel an Schulen geht oft zu Lasten von Schülern mit Migrationsgeschichte. „Dass alle Schüler:innen am Ende der Grundschulzeit die Mindeststandards im Lesen, Schreiben und Rechnen erreichen, muss nun absolute Priorität haben. Dafür muss die Förderung in der Unterrichtssprache Deutsch für Neuzugewanderte und Schüler:innen mit Migrationshintergrund unbedingt gewährleistet werden“, heißt es in der Studie.
Weniger Bürokratie könne die Personalnot kurzfristig lindern, sagte Dagmar Wolf, Leiterin des Bereichs Bildung der Robert Bosch Stiftung. Dies würde es erleichtern, Assistenzkräfte in Verwaltung und Pädagogik sowie ausländische Lehrkräfte einzustellen. Als langfristige Lösung reiche es nicht aus, nur die Kapazitäten von Lehramtsstudiengängen zu erhöhen. „Der Lehrerberuf muss attraktiver werden“, sagte Wolf.
Teufelskreis aus Überlastung und Lehrkräftemangel
Anja Bensinger-Stolze, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sprach von einem „Teufelskreis aus Überlastung durch Lehrkräftemangel und Lehrkräftemangel durch Überlastung“. Diesem Teufelskreis zu entkommen, werde nur gelingen, wenn die Politik bereit sei, insgesamt mehr Ressourcen ins System zu stecken. Ein kürzlich vorgelegter 15-Punkte-Plan der Gewerkschaft schlägt unter anderem bessere Bezahlung, mehr Möglichkeiten zum Quereinstieg in den Lehrerberuf und bessere Ausstattung der Schulen vor.
Auch der Berufsschullehrerverband Baden-Württemberg forderte mehr Investitionen. Zunächst müsse die Politik die Grundprobleme aller Schularten wie Verwaltung, Informationstechnik und Nachwuchsgewinnung lösen, sagte der Verbandsvorsitzende Thomas Speck. Dann erst könne es um Sonderwünsche gehen wie etwa die Rückkehr zu einer neunjährigen Gymnasialzeit. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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