Bundesverfassungsgericht

Aus für Berliner Kopftuchverbot für Lehrerinnen

Das seit 18 Jahren in Berlin geltende Neutralitätsgesetz und damit auch das Kopftuchverbot stehen vor dem Aus. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde des Landes Berlin nicht zur Entscheidung angenommen. Linke wollen Kopftuchverbot streichen, CDU hält daran fest.

Donnerstag, 02.02.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 02.02.2023, 16:09 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Berlin darf Lehrerinnen das Tragen von Kopftüchern nicht pauschal verbieten. Wie jetzt bekannt wurde, hat das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde des Landes Berlin nicht zur Entscheidung angenommen. Die Richter schmetterten die Beschwerde ohne Begründung ab. Zuvor hatten das Landes– und Bundesarbeitsgericht Bedenken gegen das Berliner Neutralitätsgesetz geäußert. Wie das Gericht auf Nachfrage mitteilte, erging die Entscheidung bereits am 17. Januar.

Jetzt ist das Land am Zug, das sogenannte Neutralitätsgesetz verfassungskonform zu ändern. Es untersagt Lehrkräften an öffentlichen Schulen das Tragen religiöser Symbole im Dienst. Das Gesetz ist neutral formuliert, umfasst neben dem Kopftuch auch ein Kreuz oder eine Kippa, wirkte sich bisher aber zumeist auf Musliminnen aus.

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Justizsenatorin: Pauschales Kopftuchverbot wird es nicht mehr geben

Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) forderte eine schnelle und umfassende Reform des Gesetzes. Senatssprecherin Lisa Frerichs sagte am Donnerstag dem „Evangelischen Pressedienst“, „der Senat respektiert das Urteil und wird sich zeitnah mit dem weiteren Vorgehen befassen“. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Beschluss bestätigt, dass die Kritik an dem Gesetz hinsichtlich seiner Verfassungsmäßigkeit berechtigt sei: „Damit muss das Neutralitätsgesetz Berlins umgehend angefasst werden.“

Kreck betonte, „ein pauschales Kopftuchverbot für Pädagoginnen wird es in Berlin in Zukunft nicht mehr geben“. Auch die anderen im Neutralitätsgesetz geregelten Bereiche müssten überprüft werden. Dies gelte auch für die Justiz. „Über das Kopftuchverbot werden in der Einwanderungsgesellschaft Menschen ausgegrenzt und rassistisch konnotierte Zuschreibungen verstärkt“, erklärte die Linken-Politikerin.

Bildungssenatorin: Werden uns mit Gesetz zeitnah befassen

Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse erklärte dem MiGAZIN am Donnerstag, die Bewertung der Entscheidung werde im Senat erfolgen. Mit der „verfassungskonformen Auslegung beziehungsweise Ausgestaltung“ des Neutralitätsgesetzes werde „sich der Senat nun zeitnah befassen. Etwaige rechtliche Änderungen werden erst im Nachgang möglich sein“, so ein Senatssprecher gegenüber MiGAZIN.

CDU hält am Kopftuchverbot fest

Die CDU fordert ebenfalls eine Novellierung des Neutralitätsgesetzes, hält am Kopftuchverbot jedoch fest. Das Votum der Karlsruher Richter sei ein klarer Auftrag, „dieses Gesetz so fortzuentwickeln, dass es rechtssicher wird“, erklärte die kirchenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Cornelia Seibeld, am Donnerstag in Berlin. Es könne nicht geduldet werden, „wenn religiöse Symbole wie das islamische Kopftuch in staatlichen Einrichtungen demonstrativ zur Schau gestellt werden“, erklärte die CDU-Politikerin weiter. Dies würde den Frieden und Zusammenhalt in der Gesellschaft gefährden.

Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags im November 2021 hatte Grünen-Politikerin Bettina Jarasch, heute Berliner Bürgermeisterin und Umweltsenatorin, angekündigt, das Gesetz anzupassen, wenn das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung von 2015 bleibt. Karlsruhe hat damals entschieden, dass ein Verbot nur dann gerechtfertigt ist, wenn der Schulfrieden konkret gefährdet ist. Demnach ist ein pauschales Verbot verfassungswidrig.

Neutralitätsgesetz diskriminiert seit 18 Jahren

Der jetzt ergangenen Entscheidung liegt der Fall einer Muslimin zugrunde. Sie wurde wegen ihres Kopftuchs nicht in den Schuldienst übernommen. Die Instanzgerichte hatten ihr eine Entschädigung von knapp 5.200 Euro zugesprochen, weil sie aufgrund ihrer Religion diskriminiert worden sei. Dagegen ging das Land zunächst in Revision und rief anschließend Karlsruhe an.

Das Berliner Neutralitätsgesetz gilt seit 2005 und steht seitdem in der Kritik. Es untersagt staatlichen Beschäftigten das Tragen von auffälligen religiösen und weltanschaulichen Symbolen und Kleidung mit Verweis auf die Neutralität des Staates. (mig) Leitartikel Recht

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