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Ulrich Kober, Migazin, Bertelsmann Stiftung, Integration, Einwanderung, Migration
Ulrich Kober © Bildvorlage Jan Voth/Bertelsmann Stiftung, Zeichnung: MiG

Wettbewerb um Fachkräfte

Migrant Acceptance and Citizenship matter for Champions League

Deutschland verliert im globalen Wettbewerb um Top-Talente an Boden. Dabei sind die Kriterien für den Einzug in die Champions-League bekannt: Einwanderer:innen besser akzeptieren und schneller einbürgern.

Von Dienstag, 14.03.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 15.03.2023, 6:15 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Deutschland ist ein relativ offenes und attraktives Land für internationale Top-Talente, denn es befindet sich im globalen Wettbewerb im oberen Drittel der 38 OECD-Länder. Ein zweiter Platz bei internationalen Studierenden ragt heraus. Soweit die gute Nachricht. Weniger erfreulich sind die Ergebnisse bei Start-up Gründer:innen (12. Platz), Unternehmer:innen (13. Platz) und Hochqualifizierten (15. Platz) aus dem Ausland. Das zeigt die Neuauflage der OECD „Indicators of Talent Attractiveness“ (ITA).

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„Das kann nicht unser Anspruch sein“, könnte jetzt im Fussball-Deutsch angemerkt werden – eine oft verwendete Floskel von Verantwortlichen bei empfindlichen Niederlagen. Denn Deutschland ist bei drei von vier begehrten Zielgruppen von Top-Talenten aktuell nicht konkurrenzfähig in der Champions League der attraktivsten OECD-Staaten.

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Wie nach einem verlorenen Fußballspiel kommt es jetzt auf die Fehleranalyse an! Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Deutschland nicht schlecht ist, die anderen aber einfach besser geworden sind. Um Anschluss an die attraktivsten Top-5-Länder zu finden, kann die Bundesrepublik an einigen Schrauben der „Hard- und Software“ der Migrations- und Integrationspolitiken drehen.

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„Die Visaverfahren sind eine wichtige Baustelle, denn diese sind in Deutschland immer noch nicht vollständig digitalisiert.“

Die Visaverfahren sind eine wichtige Baustelle, denn diese sind in Deutschland immer noch nicht vollständig digitalisiert. Es gibt auch keine maßgeschneiderten Visa für Start-up Gründer:innen wie in anderen Ländern, die um diese Zielgruppe intensiv werben.

In der ITA-Dimension „Qualität der beruflichen Chancen“ schneidet die Bundesrepublik z. B. bei den Hochqualifizierten nur mittelmäßig ab, weil sie hierzulande oft in Jobs arbeiten, für die sie eigentlich überqualifiziert sind. Insgesamt trübt weiter die schleppende Digitalisierung die deutsche Bilanz.

„Neben diesen harten regulativen und ökonomischen Aspekten zählen aber auch sozio-kulturelle Faktoren. Dazu gehört der Umgang mit ethnischer und kultureller Heterogenität.“

Neben diesen harten regulativen und ökonomischen Aspekten zählen aber auch sozio-kulturelle Faktoren. Dazu gehört der Umgang mit ethnischer und kultureller Heterogenität, der mit der Einbürgerungspraxis zusammenhängt. In der Dimension „Umgang mit Diversität“ berücksichtigen die ITA die Akzeptanz von Migrant:innen in der Gesellschaft, die mit dem Gallup-Index gemessen wird.

Dabei werden drei Fragen gestellt: Finden Sie es gut oder schlecht, dass ausländische Einwander:innen in ihrem Land leben, dass sie Ihre Nachbarn werden und dass sie einen nahen Verwandten heiraten? Maximal können 9 Punkte erreicht werden, weil jede „gut“-Antwort drei Punkte erhält. Kanada als Spitzenreiter hat rund 8,5 Punkte und bildet mit Island, Neuseeland, Australien und den USA die Top-5-Spitze. Deutschland befindet sich mit 6,5 Punkten nur auf dem 20. Platz der 38 OECD-Länder (World Grows Less Accepting of Migrants).

„Ebenfalls nur Mittelmaß ist Deutschland bei der Einbürgerung, die bei den ITA in der Dimension „Zukunftsaussichten“ berücksichtigt wird.“

Ebenfalls nur Mittelmaß ist Deutschland bei der Einbürgerung, die bei den ITA in der Dimension „Zukunftsaussichten“ berücksichtigt wird. Der Indikator zeigt, wie viele Einwanderer:innen immer noch keine Staatsbürger sind, obwohl sie schon seit 10 Jahren rechtmäßig im Land leben. In Deutschland waren dies 2020 45 Prozent, in den meisten „ITA-Champions“ sind es deutlich weniger: in Kanada 9,5 Prozent, in Schweden 13 Prozent, in Australien 18,6 Prozent, in den USA 36,6 Prozent sowie in Norwegen und Neuseeland jeweils 38,7 Prozent (Deutschland im internationalen Wettbewerb um Talente 2023, S. 4).

Lediglich die Schweiz fällt aus dem Rahmen: Obwohl ihre Punkte für Einbürgerungspraxis und Migrant Acceptance Index noch bescheidener sind als die für Deutschland, schaffen es die Eidgenossen zweimal in die TOP 5 der attraktivsten Staaten. Aber trotz dieser alpinen Ausnahme bewahrheitet sich die These, dass Akzeptanz von Migrant:innen und zügige Einbürgerung charakteristisch sind für „ITA-Spitzennationen“. Wenn Deutschland in dieser Champions League mitspielen will, dann sollten die Einbürgerungsregeln geändert werden. Diese Reform hätte auch einen positiven Einfluss auf die gesellschaftliche Akzeptanz von ethnischer und kultureller Heterogenität. Die Pläne dafür liegen auf dem Tisch! Meinung

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