Indien, Vietnam, Ägypten
Sachsen will gezielt Arbeitskräfte anwerben
Der Fachkräftemangel ist auch in Sachsen heute schon spürbar. Und die Prognosen sehen düster aus. Ohne Einwanderung von Arbeitskräften aus anderen Ländern wird es nicht funktionieren, sagen Experten. Davon ist auch die sächsische Regierung überzeugt. Auch in NRW macht sich die Politik Gedanken.
Sonntag, 16.04.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 16.04.2023, 15:20 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Sachsen will Fach- und Arbeitskräfte gezielt in fünf Ländern beziehungsweise Regionen anwerben. Das betrifft Indien, Vietnam, Ägypten, Brasilien und Zentralasien. „Wir brauchen Länder, die mit uns zusammenarbeiten wollen. Ansonsten wäre Zuwanderung ein unsolidarischer Akt“, sagte Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) am Freitag in Dresden. Deshalb habe man ausschließlich Länder im Blick, die einen Jugendüberschuss besitzen und denen man mit der Anwerbung von Arbeitskräften nicht schadet. „Wir haben auch Verantwortung für die Entwicklung anderswo.“ Wenn Menschen aber nach Sachsen kämen und hier eine gute Ausbildung erhielten, könnten sie bei Rückkehr in die Heimat Erfahrungen weitergeben. „Das wäre eine Win-Win-Situation.“
Ägypten geriet in den Blick, weil es bereits ein entsprechendes Kooperationsprojekt zwischen der Industrie- und Handelskammer Leipzig und einem großen ägyptischen Bildungsträger gibt. Bei Vietnam fallen vor allem die historischen Verbindungen ins Gewicht. Zu DDR-Zeiten kamen viele Vietnamesen zur Ausbildung und Arbeit auch in sächsische Städte; seither gibt es hier eine vergleichsweise große vietnamesische Gemeinde. Bei Brasilien will man sich auf Personal für die Bereiche Gesundheit und Pflege konzentrieren, in Indien auf IT-Spezialisten. Bei Zentralasien existiert schon eine Zusammenarbeit mit Kirgistan auf diesem Feld.
Dulig zufolge wird eine Zuwanderung von Arbeitskräften aber nur dann gelingen, wenn die Unternehmen richtig mitziehen, dafür auch Geld ausgeben und Sachsen als weltoffenes Land wahrgenommen wird. Bei Ressentiments und Vorurteilen ließen sich potenzielle Kandidaten nur schwer überzeugen, einen Job in Sachsen anzunehmen.
Sachsen fehlen 200.000 Arbeitskräfte
Der Minister verwies in diesem Zusammenhang auf Äußerungen des Bautzener CDU-Landrates Udo Witschas, der in einer Weihnachtsbotschaft 2022 die Unterbringung von Flüchtlingen in Mehrfamilienhäusern mit deutschen Bewohnern abgelehnt hatte. „Wenn Udo Witschas der Meinung ist, er braucht keine Migranten in seinem Landkreis, dann muss er das mit seinen Unternehmen klären. Ich kann ihm dabei nicht helfen. Als Wirtschaftsminister kenne ich die Zahlen.“ Laut Prognose fehlen dem sächsischen Arbeitsmarkt bis 2030 rund 200.000 Arbeitskräfte.
In der kommenden Woche will die sächsische Regierung einen „Pakt zur Gewinnung internationaler Fach- und Arbeitskräfte für Sachsen“ beschließen. Er ist Teil eines Maßnahmeplanes, mit dem das Kabinett der Misere auf dem Arbeitsmarkt begegnen möchte.
NRW-Grüne beraten Konzept gegen Fachkräftemangel
Auch in Nordrhein-Westfalen macht sich die Politik Gedanken über den Fachkräftemangel. Die Grünen wollten am Sonntag bei einem kleinen Parteitag in Herne ein Konzept gegen den Fachkräftemangel beschließen. „In NRW fehlen schon heute über 400.000 Fachkräfte“, heißt es im Leitantrag des Landesvorstands, den die Parteispitze am Freitag in Düsseldorf vorstellte. Bis 2030 werde diese Lücke auf über 700.000 anwachsen.
Der Landesvorstand schlägt dort unter anderem vor, mehr bezahlte Praktika zu schaffen, um ohne finanzielle Not Orientierung in verschiedenen Berufen zu ermöglichen. Auch Azubi-Wohnheime müssten ausgebaut und Optionen zur Teilzeitausbildung erhöht werden, um mehr Menschen zu erreichen. Nötig seien darüber hinaus eine beschleunigte Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse sowie ein flächendeckendes Angebot an Sprach- und Integrationskursen. (dpa/mig) Aktuell Politik
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