„Migrationsdruck“
CDU-Minister fordern Kontrollen an Grenzen zu Polen und Tschechien
Bei den anstehenden Bund-Länder-Beratungen geht es vor allem um die Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen. Zwei CDU-Innenminister fordern jetzt die Bundesregierung auf, wieder stationäre Personenkontrollen an den Grenzen einzuführen. Tschechiens Ministerpräsident sieht dafür keinen Grund.
Montag, 08.05.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 08.05.2023, 13:02 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Die Innenminister von Brandenburg und Sachsen fordern die Einführung stationärer Kontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien, um die sogenannte „unerlaubte“ Einreisen von Geflüchteten zu begrenzen. Schutzsuchenden steht das Recht auf Grenzübertritt zu, damit sie ihr Recht auf Asyl geltend machen können. Michael Stübgen und Armin Schuster (beide CDU) wandten sich vor dem für Mittwoch geplanten Flüchtlingsgipfel in einem Schreiben an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), wie sie am Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten. Sie verwiesen auf die bereits bestehenden Grenzkontrollen in Bayern, die wirksam und richtig seien.
„Vor dem Hintergrund der vergleichbaren Migrationssituation an den Grenzen Brandenburgs zu Polen sowie Sachsens zu Polen sowie der Tschechischen Republik haben wir die Bundesinnenministerin gemeinsam angeschrieben und um befristete Wiedereinführung von stationären Binnengrenzkontrollen gebeten“, sagte Sachsens Innenminister Schuster der Mitteilung zufolge. Sein Amtskollege Stübgen betonte: „Wenn wir die Freizügigkeit im Schengen-Raum erhalten wollen, müssen wir einen Kontrollverlust an der Bundesgrenze verhindern. Wir erwarten daher, dass der Bund umgehend stationäre Binnengrenzkontrollen einführt und seine Grenzschutzmaßnahmen intensiviert.“ Die Stimmung der Bevölkerung drohe zunehmend zu kippen.
Tschechiens Ministerpräsident sieht keinen Grund für Grenzkontrollen
Für Grenzkontrollen sieht der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala keinen Grund. „Die Zahl der illegalen Migranten ist nicht so hoch, dass es einen Grund für die Einführung derartiger Maßnahmen geben würde“, sagte der liberalkonservative Politiker nach Angaben der Agentur CTK am Montag in Prag. Fiala räumte ein, dass illegale Zuwanderung in ganz Europa ein „großes Problem“ darstelle. Eine Lösung sieht der 58-Jährige indes nicht in isolierten Maßnahmen einzelner EU-Mitgliedstaaten. Man müsse das Instrument der Rückführungspolitik verbessern und mit Drittstaaten zusammenarbeiten, um die Migrationsrouten zu unterbrechen, forderte der Regierungschef. Die Grenze zwischen Deutschland und Tschechien ist mehr als 800 Kilometer lang.
Ob die Forderung der beiden CDU-Minister bei den anstehenden Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt in Berlin auf den Tisch kommt, ist ungewiss. Beraten wird in erster Linie über die weitere Finanzierung der Kosten für Geflüchtete.
Grenzkontrollen zu Österreich seit 2015
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) forderte bereits im Vorfeld mehr finanzielle Hilfe des Bundes für die Kommunen. „Ich werde mich nächste Woche dafür einsetzen, dass auch der Bund einen Beitrag leistet“, sagte er der „Märkischen Oderzeitung“ (Samstag). Man sei in Gesprächen über die Summe. Auch der Deutsche Städtetag dringt auf Finanzierungszusagen, um Kommunen bei der Flüchtlings-Aufnahme zu entlasten.
Deutschland kontrolliert seit Herbst 2015 in Bayern an der Grenze zu Österreich, nachdem sich Zehntausende Geflüchtete und andere Migranten von Griechenland über die Balkan-Route auf den Weg nach Westeuropa gemacht hatten. Eigentlich aber gibt es im Schengen-Raum, dem 26 europäische Länder angehören, keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen.
CDU-Politiker: Kommunen am Limit
Die beiden CDU-Politiker sehen die Kapazitäten vieler Kommunen zur Flüchtlingsaufnahme am Limit und fordern eine Begrenzung der Zuwanderung. „Die Zuzugszahlen aus irregulärer Migration steigen nahezu ungebremst. Sollte sich diese Entwicklung im laufenden Jahr so fortsetzen, werden die höchsten Zahlen seit 2015/16 erreicht“, hießt es in der gemeinsamen Mitteilung.
Vor allem die Grenzen zu Polen, aber auch zur Tschechischen Republik stünden „unter hohem Migrationsdruck“. Von Anfang März bis Mitte April 2023 wurden laut Mitteilung durch die Bundespolizei an der polnischen Grenze 3093 und an der Grenze zu Tschechien 1060 illegale Grenzübertritte festgestellt. In den Sommermonaten sei mit einem weiteren erheblichen Anstieg der Ankunftszahlen zu rechnen.
Woidke will „freiwillige“ Zurückführungen
Im ersten Quartal stellte die Bundespolizei 19.627 sogenannte „unerlaubte“ Einreisen nach Deutschland fest. Im gleichen Zeitraum stellten nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 80.978 Menschen erstmalig einen Asylantrag, davon 5.817 Kinder im Alter von unter einem Jahr. Außerdem sind im laufenden Jahr bis 31. März laut Bundesregierung und Ausländerzentralregister 81.647 Menschen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg eingereist. Sie müssen keine Asylanträge stellen.
Im Interview mit der „Märkischen Oderzeitung“ erneuerte Woidke seine Forderung, die Liste sogenannter sicherer Herkunftsländer auszuweiten. Zudem sei eine gerechtere Verteilung der Menschen nötig, die nach Europa kommen. „Es kann ja nicht so sein, dass Deutschland hier dauerhaft mit die größten Lasten trägt“, sagte er der Zeitung. Zudem sei es Aufgabe der Bundesregierung, dass „Menschen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben, möglichst freiwillig zurückgeführt werden in die Länder, aus denen sie kommen“. (dpa/mig) Aktuell Politik
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