Striktere Asylpolitik
Geteiltes Echo auf Bund-Länder-Beschlüsse zur Flüchtlingspolitik
Eine Milliarde Euro mehr für die Kommunen und Absichtserklärungen für eine striktere Asylpolitik: Das Ergebnis der Bund-Länder-Runde zur Flüchtlingspolitik trifft auf ein geteiltes Echo. Grüne und Linke schauen kritisch auf die geplante härtere Linie.
Donnerstag, 11.05.2023, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 11.05.2023, 15:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Den Einen gehen sie nicht weit genug, den Anderen zu weit: Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz vom Mittwoch mit dem Ziel konsequenterer Abschiebung abgelehnter Asylbewerber sorgen für Kritik von verschiedenen Seiten. Während Sozialverbände und Flüchtlingsorganisationen die Ankündigungen teils harsch kritisierten, gab es auch bei den im Bund mitregierenden Grünen Skepsis. „Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz ersetzen keine Gesetzgebungsverfahren im Parlament“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Lamya Kaddor, dem „Evangelischen Pressedienst“. Dort werde man sich die Punkte „genau anschauen“. Kritik ernteten die Ankündigungen auch von der Linkspartei.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich mit den Regierungschefinnen und -chefs am Mittwoch auf eine Reihe von angestrebten Maßnahmen verständigt, die Asylverfahren beschleunigen, Migration stärker steuern und Rückführungen derjenigen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben, besser möglich machen sollen. Vieles davon liegt nicht allein in der Hand Deutschlands. Die Punkte im Papier zielen auch auf die EU-Flüchtlingspolitik und die angestrebten Migrationsabkommen mit Herkunftsstaaten von Asylbewerbern, wofür es die Kooperation dieser Staaten braucht.
Für andere Maßnahmen ist der Bund – konkret der Bundestag – zuständig. So sollen laut Beschlusspapier Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, was schnellere Asylverfahren zur Folge haben soll, und Regelungen rund um die Abschiebung weiter verschärft werden. Der Ausreisegewahrsam – eine Form der Festsetzung unterhalb der Haft – soll nach dem Willen der Bund-Länder-Runde für 28 Tage angeordnet werden dürfen statt bislang für maximal zehn.
Linke und Grüne kritisieren Flüchtlingspolitik
Kaddor sagte, es sei klar sei, „dass es nicht zu einem Revival einer Innenpolitik kommen kann, bei der zwar Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt, aber kein einziges der echten Probleme gelöst wird“. Es gehe um eine menschliche Flüchtlingspolitik, die auch unter schwierigen Bedingungen Verantwortung für globale Krisen übernehmen wolle.
Linken-Chef Martin Schirdewan kritisiert das Ergebnis des Flüchtlingsgipfels und fürchtet eine Stärkung der politischen Rechten. „In Anbetracht der Tatsache, dass das Militär ein Sondervermögen von 100 Milliarden bekommen hat, ist die Zusage ein Witz“, sagte Schirdewan. Statt soziale Sicherheiten zu schaffen, spiele die Ampel Konservativen und Rechten in die Hände, warnte der Linken-Vorsitzende. Der angekündigte Wechsel zu einer fortschrittlichen Migrationspolitik falle aus. Vielmehr gebe es nun Unterstützung für „die massive Aufrüstung der EU-Außengrenzen und eine Forcierung von Abschiebungen“. Die Bundesregierung bekämpfe Geflüchtete statt Fluchtursachen, meinte Schirdewan.
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, sagte dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“, er habe „überhaupt kein Verständnis dafür“, wenn die Not schutzsuchender Menschen zum Anlass genommen werde, „eine neue inhumane Abschiebe- und Abschottungspolitik sowie massive Verschärfungen in der Migrations- und Flüchtlingspolitik durchzusetzen“. Er forderte, die Bundesregierung müsse diesen Kurs korrigieren.
Evangelische Kirche: Fokus nicht auf Abschiebung ist falsch
Der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Stäblein, sagte im WDR-Radio, es sei falsch, den Fokus auf die Abschiebefrage und Abschiebezahlen zu fokussieren. „Wir sollten lieber gucken, wie können wir den Bedarf so beantworten und die Menschen, die kommen, so aufnehmen, dass sie dann auch eine wirkliche Perspektive hier oder in ihrem Heimatland haben.“
Der Union gehen die Ankündigungen dagegen nicht weit genug. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) forderte, auch Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz einzurichten, freiwillige Aufnahmeprogramme zu stoppen und auch Marokko, Tunesien und Algerien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Es brauche eine „Kehrtwende“ hin zu einer spürbaren Begrenzung der „irregulären“ Migration, sagte sie. (epd/dpa/mig) Aktuell Politik
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