Schleswig-Holstein
Grüne: Kein Ja zu neuen sicheren Herkunftsstaaten
In der Asylpolitik liegen die Koalitionspartner CDU und Grüne in Schleswig-Holstein ziemlich weit auseinander. Dies wird die anstehende Landtagssitzung erneut verdeutlichen. Die Opposition sieht tiefe Differenzen auch bei diversen anderen Themen.
Dienstag, 13.06.2023, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 13.06.2023, 15:06 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die schwarz-grüne Koalition steuert eine heikle Landtagsdebatte zur Migrationspolitik an. Beide Fraktionen offenbarten am Dienstag mit Blick auf die am Mittwoch startende Parlamentssitzung deutliche Differenzen. Nach aktuellem Stand wird das Land einer Einstufung Georgiens und Moldaus als sichere Herkunftsstaaten im Bundesrat nicht zustimmen. Dazu verwies Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, sich bei Uneinigkeit zu enthalten. „Wir Grüne sind nicht dafür.“ Sie seien gegen eine Schwächung des individuellen Anspruchs auf Asyl. Dies wird Thema im Landtag am Donnerstag.
Die Grünen-Fraktion sei auch geschlossen kritisch zum jüngsten EU-Asylkompromiss, sagte Petersdotter. Dieser sieht einen deutlich härteren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor. So sollen Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er zurückgeschickt werden.
„Schwarz-grünes Gegeneinander“
Dass es nicht gelinge, hier eine gemeinsame Position mit den Grünen zu formulieren, überrasche wenig, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Das sei der CDU beim Eingehen dieser Koalition bewusst gewesen.
In Sachen sichere Herkunftsländer fordert die FDP die Landesregierung auf, das Vorhaben im Bundesrat zu unterstützen. Auch ein positives Votum zum EU-Asylkompromiss wollen die Liberalen erwirken. „Die Positionen von CDU und Grünen liegen leider sehr weit auseinander“, sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Es gebe „schwarz-grünes Gegeneinander in dieser elementar wichtigen Frage“. Regierungschef Daniel Günther (CDU) müsse eine eigene Mehrheit für seine Position erreichen. „Welchen Rückhalt hat eigentlich der Ministerpräsident in der eigenen Koalition bei solch wichtigen Fragen?“, fragte Vogt.
Weitere Differenzen
„Am Ende werden wir den Antrag der FDP ablehnen müssen“, sagte CDU-Kollege Koch. „Aus unserer Sicht wäre er zustimmungsfähig.“ Der Antrag decke ziemlich genau die Positionen der CDU. Aber da in der Koalition keine gemeinsame Position bestehe, werde er formal abgelehnt. Sollte die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, also auch unter Beteiligung der Grünen, werde sich der Sachverhalt möglicherweise anders darstellen. Jetzt gehe es nur um einen Oppositionsantrag.
Es häuften sich sehr wichtige Themen, bei denen die Koalition völlig uneins sei, sagte Vogt. „Das lähmt Schleswig-Holstein und das lähmt unseren Einfluss auf Bundesebene.“ Als weitere Beispiele nannte er Differenzen bei Wehrtechnik, Planungsbeschleunigung, Klimaschutz, Gesundheits- und Bildungspolitik. „Mit fallen wenige Themen ein, wo die Koalition wirklich geschlossen ist.“
Haltung zu „Letzte Generation“
Als weiteren Dissens nannte Vogt die Haltung zur Klimaschutzgruppe Letzte Generation, die in der vorigen Woche auf Sylt ein Privatflugzeug und die Bar eines Luxushotels mit Farbe besprüht hatte. Die FDP bringe in den Landtag einen Dringlichkeitsantrag ein, „mit dem wir diese Taten politisch verurteilen wollen“. Vogt sprach von einem irren Angriff auf die hiesige Tourismuswirtschaft, den nichts rechtfertigen könne. Hier gebe es offene Aggressivität, keinen passiven Widerstand, keinen legitimen Klimaaktivismus, sondern Linksextremismus in Reinform.
Die Grünen hätten die Taten der Gruppe wiederholt im Landtag verharmlost, sagte Vogt. „Es wird höchste Zeit, dass sich die schwarz-grüne Regierung geschlossen von dieser Gruppierung und ihren Taten distanziert und die Straftaten politisch verurteilt.“ Günther dürfe das „fragwürdige“ Agieren seines Koalitionspartners nicht länger achselzuckend hinnehmen.
Gemeinsame Politik trotz Asyldifferenzen
Auch CDU-Fraktionschef Koch sieht bei der Letzten Generation nicht zu akzeptierende Straftatbestände. Der ihm noch nicht vorliegende FDP-Antrag klinge zustimmungsfähig. Ob dies dann auch gemeinsame Koalitionshaltung sein wird, werde man sehen. Unterschiedliche Auffassungen in der Asylfrage hinderten CDU und Grüne nicht daran, gemeinsam Landespolitik zu machen. In der Sache sei wegen der praktischen Probleme eine Belastungsgrenze zunehmend erreicht; der gesellschaftliche Zusammenhalt sei gefährdet.
Zum Auftakt seiner Sitzung debattiert der Landtag am Mittwoch über den Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik. Zu weiteren Themen bis Freitag gehören die politische Bildung an Schulen, die SPD-Forderung nach einem Nachtragsetat und die Haltung des Landes zur Wehrtechnik. (dpa/mig) Aktuell Politik
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