Kampf ums Überleben
Hilfsorganisationen retten Dutzende Menschen im Mittelmeer
Private Seenotretter haben erneut Dutzende Geflüchtete im Mittelmeer gerettet, darunter viele Minderjährige. Aktuell sind mehr als Hundert Menschen an Bord von Rettungsschiffen. Derweil kämpfen Seenotrettungsorganisationen auch ums finanzielle Überleben.
Donnerstag, 29.06.2023, 21:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 29.06.2023, 19:33 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Hilfsorganisationen haben erneut Dutzende Geflüchtete im Mittelmeer aus Seenot gerettet. Die „Mare Go“ sei innerhalb von 24 Stunden viermal im Einsatz gewesen und habe zuletzt 41 Menschen an Bord genommen, erklärte die Initiative Zusammenland, die das Schiff betreibt, am Donnerstag. Die Geretteten seien drei Tage lang unterwegs gewesen, einen Tag davon im treibenden Boot. Viele der Insassen seien Jugendliche ohne erwachsene Begleitung, sagte Sprecherin Marie Becker dem „Evangelischen Pressedienst“.
Davor habe die Besatzung der „Mare Go“ bei drei Booten ausgeharrt und Rettungswesten sowie Wasser und Essen verteilt, bevor die italienische Küstenwache die Menschen übernahm. Das erste Boot sei auch zwei Tage unterwegs gewesen, die 39 Insassen entsprechend erschöpft. Bei der Suche nach dem Boot hätten die ehrenamtlichen Piloten der französischen Initiative Pilotes Volontaires geholfen. Insgesamt seien bei den ersten drei Einsätzen 85 Menschen gerettet worden.
Derweil war die „Ocean Viking“ der Organisation SOS Méditerranée mit 86 Geretteten an Bord auf dem Weg zum Hafen der Stadt Bari, der dem Schiff von den italienischen Behörden zugewiesen war, obwohl die Schiffsreise drei Tage dauert. Die Besatzung hatte die Menschen, 80 Prozent von ihnen unbegleitete Minderjährige, am Dienstag vor der libyschen Küste aus einem überfüllten Schlauchboot gerettet. Die meisten von ihnen stammten aus Gambia und dem Senegal, sagte Sprecherin Julia Schaefermeyer dem epd. Einige benötigten an Land weitere medizinische Versorgung.
Gewalt, Folter und Sklaverei auf der Flucht
Einige Gerettete hätten den Besatzungsmitgliedern von sexueller Gewalt, Folter und Sklaverei auf ihren Fluchtwegen berichtet. So sei ein 17-Jähriger aus Gambia über Mali und Libyen zum Mittelmeer gelangt. Im Internierungslager in Libyen musste er nach eigener Darstellung erleben, dass seinem Freund, mit dem er reiste, in die Füße geschossen wurde, weil er nicht zahlen konnte. Er selbst habe den Wachen sein ganzes Geld gegeben und dann keine Wahl gehabt, als in das Plastikboot zu steigen, sagte er laut SOS Méditerranee.
Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind allein seit Beginn des Jahres fast 1.900 Menschen beim Versuch der Überfahrt gestorben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.
Seenotretter warnen vor ausbleibenden Spenden
Eine staatliche getragene Seenotrettung gibt es nicht. Lediglich private Seenotretter halten Ausschau nach in Not geratenen Schutzsuchenden. Diese werden mittels privater Spenden finanziert. Laut Sandra Bils, Vorstandsmitglied des Vereins „United4Rescue“, sind diese zunehmend durch ausbleibende Spenden gefährdet. Obwohl das Mittelmeer zu einem „Massengrab“ geworden ist, fehlten staatlich organisierte Such- und Rettungseinsätze.
Die zivilen Seenotrettungsmissionen seien „nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“. Zunehmend bereiteten ausbleibende Spenden Probleme. Eines der drei Bündnisschiffe könne derzeit wegen fehlender Finanzmittel nicht auslaufen, ein anderes sei von den italienischen Behörden festgesetzt. Auch der Vorsitzende der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye, Gorden Isler, kritisierte die fehlende Hilfe für Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. (epd/mig) Aktuell Panorama
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