Bildungsbericht
Schulen auf Einwanderung nicht vorbereitet
Mit den Migrationsbewegungen kommen immer mehr Schüler in deutsche Schulen. Darauf sind die Schulen im Südwesten kaum vorbereitet, wie aus dem Bildungsbericht hervorgeht. Danach haben viele Grundschulanfänger aus nichtdeutschsprachigen Elternhäusern Sprachförderbedarf.
Montag, 31.07.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 31.07.2023, 13:23 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Bildungsbericht für Baden-Württemberg listet Mängel aber auch positive Entwicklungen im Bildungssystem auf. Das rund 250 Seiten starke Papier wurde am Donnerstag in Stuttgart vorgestellt. Erarbeitet wurde es vom Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) gemeinsam mit dem Statistischen Landesamt. Die wichtigsten Befunde der Wissenschaftler im Überblick:
Nicht neu, aber sehr zentral, seien Sprachprobleme zum Beginn der Grundschule, sagte Fabian Schefcik vom IBBW. „Rund ein Drittel der Kinder, die unsere Grundschulen besuchen, bekommen einen Sprachförderbedarf diagnostiziert“, sagte er. Dieser Anteil sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen – und habe auch große Auswirkungen auf den späteren Bildungserfolg. „Frühe Sprachkenntnisse stellen die Voraussetzung für das Erlernen weiterer Fähigkeiten dar“, sagte Schefcik.
Eine große Rolle sowohl beim Sprachförderbedarf als auch beim Erreichen der Mindeststandards in der Grundschule spielt dem Bericht zufolge die Herkunft der Schüler. Kinder aus Familien, in denen nicht vorwiegend Deutsch gesprochen wird, haben demnach zu mehr als 70 Prozent zu Beginn der Grundschule einen Sprachförderbedarf. Zudem erreicht rund die Hälfte der Kinder aus diesen Familien in der dritten Klasse nicht die Mindeststandards bei Lesen, Schreiben und Rechnen.
Ministerium wartet auf positiven Effekt
Man habe auf die Mängel bereits mit einem Maßnahmenbündel reagiert, teilte das Kultusministerium mit. „Wir sind also auf dem richtigen Weg. Jetzt müssen wir auch akzeptieren, dass es dauert, bis sich die positiven Effekte zeigen“, sagte ein Sprecher. Das oberste Ziel sei mehr Bildungsgerechtigkeit. „Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln, ist dabei eine enorme Aufgabe, die wir sehr ernst nehmen“, so der Sprecher.
Wie aus dem Bildungsbericht außerdem hervorgeht, ist der Anteil der Kinder mit Migrationserfahrung in Kindertageseinrichtungen gegenüber dem Jahr 2011 um drei Prozentpunkte auf 37 Prozent gestiegen. Hierbei gebe es regional deutliche Unterschiede. Die Stadtkreise Pforzheim und Heilbronn verzeichneten mit jeweils 63 Prozent die höchsten Anteile von Kindern mit Migrationshintergrund in Kitas. Die niedrigsten Anteile wiesen ländlichere Kreise wie Ravensburg, Emmendingen und Biberach mit jeweils 27 Prozent auf.
Mehr Schüler, weniger Lehrer
Die Experten gehen davon aus, dass sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg künftig wieder erhöhen wird. Bis zum Schuljahr 2032/2033 sei mit einem Anstieg von rund 10 Prozent auf dann 1,206 Millionen Schüler zu rechnen. Besonders stark dürfte der Zuwachs an den Grundschulen ausfallen. In den vergangenen zehn Jahren war die Zahl der Schüler gesunken. Eine genaue Vorausberechnung sei aber derzeit sehr schwierig. „Durch Wanderungsbewegungen können sich die Bevölkerungszahlen sehr schnell verändern“, sagte Rainer Wolf vom Statistischen Landesamt.
An den allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg unterrichteten im vergangenen Schuljahr gut 96.000 Lehrkräfte, was den Experten zufolge gut 72.000 Vollzeitstellen entspricht. Weil die Schülerzahlen in den vergangenen Jahren zurückgingen, verbesserte sich auch das Betreuungsverhältnis – auf einen Lehrer kamen also weniger Schüler. Das dürfte sich laut Bildungsbericht bald wieder ändern. Dafür sei die Zahl der Referendare ein guter Frühwarnindikator, sagte Jan Spieker vom IBBW. „Vor dem Hintergrund steigender Schülerzahlen stünden allen Schularten mehr Lehramtsanwärter gut zu Gesicht, um das gegenwärtige Verhältnis von Schülern pro Vollzeitstelle beizubehalten.“ (dpa/mig) Aktuell Panorama
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