Theologe Uçar

Entwicklung islamischen Religionsunterrichts „skandalös“

Nur ein Bruchteil aller muslimischen Schüler erhalten in Deutschland islamischen Religionsunterricht. Theologe Bülent Uçar sieht Kultusminister in der Pflicht. Sie schafften keine Stellen für Religionslehrer. Geeignete Uni-Absolventen gebe es genug.

Von Dienstag, 08.08.2023, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.08.2023, 14:28 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der islamische Theologe Bülent Uçar hat die Entwicklung des islamischen Religionsunterrichts an deutschen Schulen scharf kritisiert. Bei einer Gesamtzahl von 1,5 Millionen muslimischen Schülerinnen und Schülern sei es geradezu „lächerlich“, dass nur 69.000 von ihnen islamischen Religionsunterricht erhielten, sagte der Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück in einem Gespräch mit dem „Evangelischen Pressedienst“. „Normal wäre es, wenn 60 bis 70 Prozent in islamischer Religion unterrichtet würden.“

Uçar erinnerte daran, dass die ehemalige Bundesregierung unter Gerhard Schröder schon vor 20 Jahren angekündigt hatte, deutschlandweit den islamischen Religionsunterricht einzuführen. „Dass bisher so wenig passiert ist, empfinde ich als skandalös.“ Die eigentlich verfassungsrechtlich verbriefte Wahlfreiheit werde den muslimischen Schülern vorenthalten.

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Kultusminister schaffen keine Stellen für Absolventen

Das liege nicht etwa daran, dass keine Religionslehrer zur Verfügung stünden, erläuterte der Professor für islamische Theologie. „Im Gegenteil, unsere Absolventen finden keine Stellen, weil die Kultusministerien in den Ländern keine schaffen.“ Viele Schulleiter wollten keinen islamischen Religionsunterricht. Sie sähen den Religionsunterricht allgemein als Auslaufmodell. Zudem fürchteten sie um die Fächer Werte und Normen oder Ethik, die derzeit mangels Alternative häufig von muslimischen Schülern besucht würden.

Nach aktuellen Daten des Mediendienstes Integration ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler im islamischen Religionsunterricht in Deutschland innerhalb von drei Jahren von rund 60.000 auf derzeit etwa 69.000 gewachsen. In den fünf östlichen Bundesländern wird kein islamischer Religionsunterricht angeboten.

Uçar: Religionsunterricht in Gefahr

Uçar betonte, langfristig sehe auch er angesichts der fortschreitenden Säkularisierung den Religionsunterricht in Gefahr, auch wenn er in Artikel 7 des Grundgesetzes noch Verfassungsrang genieße. Der Druck derjenigen, die ihn abschaffen wollten, werde immer größer. Auch die christlichen Kirchen würden ihren Religionsunterricht nicht mehr aufrechterhalten können.

Deshalb müssten die großen Religionsgemeinschaften in Deutschland jetzt gemeinsam ein Konzept für einen interreligiösen Unterricht entwickeln, forderte der Theologe: „Wenn wir zu lange warten, werden wir in 20 Jahren keine Gestaltungsspielräume mehr haben.“ (epd/mig) Aktuell Panorama

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