Mittelmeer
Seenotretter dringen auf Freilassung festgesetzter Boote
Dutzende Organisationen kritisieren die Festsetzung der Schiffen privater Seenotretter in Italien. Sie warnen vor der Einschränkung lebensrettender Einsätze auf dem Mittelmeer. Im laufenden Jahr wurden bereits acht Schiffe festgesetzt.
Montag, 28.08.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 28.08.2023, 16:52 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Mehr als 50 Organisationen fordern die Freilassung der in Italien festgesetzten Schiffe privater Seenotretter. Auch die damit verbundenen Geldstrafen müssten fallen gelassen werden, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung, die von SOS Humanity, Pro Asyl und Sea-Eye unterzeichnet wurde. Die Europäischen Union und die Mitgliedsstaaten müssten dringend handeln und die „unrechtmäßige Blockade“ beenden. Der Caritas-Direktor in Italien, Marco Pagniello, mahnte mehr Humanität in der Flüchtlingspolitik an.
Anfang vergangener Woche hatten die italienischen Behörden Schiffe von Sea-Watch, Open Arms und Sea-Eye für jeweils 20 Tage festgesetzt, nachdem sie Flüchtlinge an Land gebracht hatten. Grundlage ist ein umstrittenes, unter der rechtsgerichteten Regierung erlassenes Gesetz, das privaten Seenotrettern strikte Vorgaben macht.
2023 bereits acht Schiffe festgesetzt
Nach Angaben der Organisationen wurden seit Anfang des Jahres in acht Fällen Schiffe von privaten Seenotrettern festgesetzt. „Das Festhalten und möglicherweise sogar die Beschlagnahmung von zivilen Rettungsschiffen sowie die Zuweisung entfernter Häfen schränken die Rettungsschiffe bei ihren lebensrettenden Einsätzen ein“, heißt es in der Erklärung, die von 56 Organisationen und Initiativen unterzeichnet wurde.
In diesem Jahr gelangen wieder mehr Flüchtlinge und Migranten über die Mittelmeerroute nach Italien. Bis Freitag zählte das italienische Innenministerium 107.530 Ankünfte. Damit ist die Gesamtzahl aus dem Jahr 2022 (105.140) bereits überschritten.
Lampedusa mehrfach überfüllt
Auch auf Lampedusa kamen am Wochenende erneut Dutzende Flüchtlingsboote an. Knapp 3.600 Menschen seien in der dortigen Erstaufnahme-Einrichtung untergebracht, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Der Hotspot auf Lampedusa ist eigentlich für rund 400 Personen ausgelegt. Wegen der Überfüllung wurden in den vergangenen Tagen bereits Hunderte Menschen ans italienische Festland gebracht, die meisten von ihnen nach Sizilien.
Caritas-Direktor Pagniello sprach sich für neue Wege der Migration aus, beispielsweise über humanitäre Korridore, aber auch solche für eine Migration aus beruflichen oder universitären Gründen. „Wir müssen aus der Logik des Notstandes herausfinden“, sagte Pagniello der Zeitung „La Repubblica“.
Kritik am Abkommen mit Libyen und Tunesien
Pagniello kritisiert auch die Abkommen mit Libyen und Tunesien, die darauf abzielen, die Zahl der Schlepperboote, die aus diesen Ländern ablegen, zu verringern. Es sei keine Lösung, Aufnahmezentren zu bauen und jemanden an der Tür zu bezahlen, der die Menschen davon abhält, das Land zu verlassen. „Wir wissen, dass die Kraft der Verzweiflung, des Hungers und des Wunsches zu leben einen dazu bringt, alles zu tun.“
Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Seit Beginn des Jahres kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bei der Überquerung 2.272 Menschen ums Leben oder sie werden vermisst. Im Jahr 2022 lag die Zahl bei 2.411. (epd/mig) Ausland Leitartikel
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Ein Jahr Fachkräftegesetz Bundesregierung sieht Erfolg bei Einwanderung von…
- Brandenburg Flüchtlingsrat: Minister schürt Hass gegen Ausländer
- Chronisch überlastet Flüchtlingsunterkunft: Hamburg weiter auf Zelte angewiesen