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Imame ohne Perspektive

Erste Studierende absolvieren Islamkolleg

Erstmals haben in Deutschland angehende Imame eine deutschsprachige, verbandsübergreifende Ausbildung auf wissenschaftlicher Grundlage absolviert – ein Meilenstein. Die Jobaussichten sind jedoch alles andere als rosig. Experten sehen Bund und Länder in der Pflicht.

Sonntag, 01.10.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 01.10.2023, 12:27 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Insgesamt 24 muslimische Männer und Frauen aus dem gesamten Bundesgebiet haben am Samstag in Osnabrück erstmals ein Abschlusszertifikat des Islamkollegs Deutschland erhalten. „Dies ist ein historischer Tag“, sagte der Kuratoriumsvorsitzende des Islamkollegs, Ex-Bundespräsident Christian Wulff während einer Pressekonferenz. Zum ersten Mal hätten Imam-Anwärter ihre praktische Ausbildung in Deutschland, in deutscher Sprache und wissenschaftlich begleitet abgeschlossen. „Das hat es bisher nicht gegeben, war aber längst überfällig angesichts der Millionen Musliminnen und Muslime in unserem Land.“

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Das vor zwei Jahren gegründete Islamkolleg leiste somit einen wichtigen Beitrag zur Friedensbildung und zur Integration, betonte Wulff. Es sei mittlerweile ein anerkannter Ausbildungsort und erhalte viele Anfragen, auch aus dem Ausland. Der ehemalige Bundespräsident äußerte sich zuversichtlich, dass auch die derzeit noch bestehenden Schwierigkeiten der Absolventen, eine Anstellung zu finden, in den kommenden Jahren gelöst werden könnten.

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Wulff: Große Chance in der islamischen Wohlfahrtspflege

Große Chancen sieht Wulff im Ausbau der islamischen Wohlfahrtspflege. Diese könne wie bei Caritas und Diakonie durch den Staat finanziert werden und biete Jobs auch für Seelsorgerinnen und Seelsorger. Ferner gebe es positive Signale aus dem Bundesverteidigungsministerium, dass künftig auch in der Bundeswehr muslimische Seelsorger eingestellt werden könnten.

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Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, äußerte sich erfreut über die ersten Absolventen. Es gebe einen großen Bedarf an qualifizierten Imamen, die für einen aufgeklärten Islam stünden. Es müsse aber klar sein, dass der Staat weder direkt noch indirekt das religiöse Personal finanzieren dürfe, betonte Mazyek, dessen Verband zu den Gründungsmitgliedern des Kollegs gehört. Er könne sich Stellenteilungen für Imame vorstellen, die zusätzlich als Religionslehrer an Schulen arbeiten könnten. Auch für eine in Fachkreisen diskutierte Stiftung müsse das Geld von den Muslimen kommen.

Uçar: Unterstützung von Bund und Ländern dringend notwendig

Der Direktor des Islamkollegs Deutschland, Bülent Uçar, sagte, er wünsche sich, dass die Ausbildung von Imamen an Einrichtungen wie dem Islamkolleg „zum Mainstream“ werde. Er sei zuversichtlich, dass sich deren Berufsaussichten verbessern werden. Bisher hätten die Moscheegemeinden jedoch nicht die eigenständige finanzielle Kraft, in Deutschland ausgebildete Imame einzustellen. Imame, die ein abgeschlossenes Studium und jetzt auch die praktische Ausbildung abgeschlossen hätten, erwarteten zu Recht angemessen bezahlte Jobs.

Unterstützung seitens des Bundes und der Länder hält Uçar für dringend notwendig. Nur dann könne die erste deutschsprachige, überkonfessionelle und verbandsunabhängige Imam-Ausbildung in Deutschland Schule machen. Mehr als die Hälfte der 2.500 Moscheegemeinden in Deutschland würden nicht aus dem Ausland unterstützt. Anders als Mazyek sieht Uçar neben den Muslimen auch den Staat in der Pflicht. Da dieser in Deutschland auch andere Religionen mittelbar finanziell unterstütze, sollte das auch für die Muslime möglich sein.

Staatliche finanzierte Moschee-Stiftung eine Lösung?

Uçar schlug vor, wenn die Regierungen nicht direkt die Imame finanzieren wollten, könnten sie etwa die Sozial- und Jugendarbeit der Gemeinden unterstützen. Mit dem dann freiwerdenden Geld könnten die Moscheegemeinden die Imame bezahlen. Eine andere Möglichkeit sei die vom Islamwissenschaftler Michael Kiefer vorgeschlagene unabhängige, aber vom Staat finanzierte Moschee-Stiftung, die die Imame bezahle.

Leider zeige sich die Ampel-Koalition sehr zurückhaltend, bemängelte Uçar. Politiker aller Parteien kritisierten seit Jahren, dass die Imame des türkisch-islamischen Verbands Ditib durch den türkischen Staat finanziert würden. Aber an Alternativen werde nicht ernsthaft gearbeitet. Das Personal der christlichen Kirchen hingegen werde etwa über die Staatsleistungen seit Jahrhunderten mitfinanziert.

Mazyek kritisiert Politik für mangelnde Unterstützung

Auch Mazyek kritisierte, die Politik gehe nicht auf die konstruktiven Vorschläge ein. Sie würden „stiefmütterlich“ behandelt, sagte er. „Eine Entwicklung, die ich seit geraumer Zeit in Deutschland beobachte. Weltmeisterlich in der Kritik über die islamische Verbandslandschaft, spärlich in der Bereitschaft, wirklich alternative Modelle nachhaltig zu unterstützen.“

Nach Angaben des Islamkollegs haben von 18 Absolventen 17 ein Abschlusszertifikat in der grundständigen islamtheologischen praktischen Ausbildung erhalten (13 Männer und vier Frauen). Eine Frau wiederhole die Prüfung im Juni 2024. Acht weitere Personen (sechs Männer, zwei Frauen) haben an der modularen Aus- und Weiterbildung teilgenommen. Von diesen erhielten sieben das Abschlusszertifikat. Eine Frau nehme an der Prüfung 2024 teil. (epd/mig) Aktuell Panorama

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