Pro-Palästina-Demos
Faeser droht Hamas-Unterstützern mit Ausweisung
Die Bundesregierung droht Hamas-Unterstützern mit Ausweisung. Verbote von pro-palästinensische Demos lösen Kontroverse im Netz aus; die Gerichte entscheiden unterschiedlich. Hilfsorganisationen beklagen „entsetzliche“ Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen.
Sonntag, 15.10.2023, 21:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 15.10.2023, 22:47 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Politiker von Union und SPD fordern einen härteren Kurs zur Bekämpfung von Israelhass und antisemitischer Hetze in Deutschland. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der „Bild am Sonntag“, es gebe in Deutschland null Toleranz für antisemitische und israelfeindliche Hetze sowie null Toleranz für Gewalt. „Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten zur Ausweisung von Hamas-Unterstützern nutzen“, kündigte die Ministerin an. Auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil drohte Unterstützern der Terrororganisation Hamas mit einer Ausweisung.
Man nehme die steigende Gefahr von Solidarisierungs- und Unterstützungsaktionen für den Terror der Hamas sehr ernst, sagte Faeser dem Boulevardblatt „Bild am Sonntag“. Der Schutz von jüdischen und israelischen Einrichtungen sei daher nochmals verstärkt worden, sagte die Ministerin. SPD-Chef Klingbeil sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Wenn jemand, der auf deutschen Straßen die Hamas feiert, nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hat, dann sollte er aus Deutschland ausgewiesen werden.“ Er erwarte auch von allen muslimischen Verbänden in Deutschland, dass sie „den barbarischen Terror der Hamas“ verurteilten.
Union will harten Kurs gegen Antisemitismus
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verlangte eine stärkere Bekämpfung von muslimischem Antisemitismus: „Zur Wahrheit gehört, dass durch die Flüchtlingszuwanderung der letzten Jahre auch Menschen nach Deutschland gekommen sind, die Israel und dem jüdischen Volk feindselig gegenüberstehen“, sagte er dem Boulevardblatt „Bild am Sonntag“. Zudem forderte er schriftliche Integrationsvereinbarungen für Migranten: „Wer zu uns kommt, muss unterschreiben, dass er diesen Rechtsstaat und unser Grundgesetz akzeptiert – darüber hinaus das Existenzrecht Israels und die Art und Weise, wie wir leben.“ Wer dem nicht nachkomme, habe sein Aufenthaltsrecht verwirkt und müsse ausreisen.
Der Chef der CSU-Landesgruppe in der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte dem Boulevardblatt „Bild“: „Es braucht einen Knallhart-Kurs gegen Juden- und Israel-Hasser mit Konsequenz und Härte.“ Die CSU will antisemitische Hetze in Deutschland als besonders schweren Fall von Volksverhetzung mit mindestens sechs Monaten Haft bestrafen. Außerdem soll die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft von einem Bekenntnis zum Existenzrecht Israels abhängig gemacht werden. Ohne dieses Bekenntnis soll es laut einem Vier-Punkte-Plan der CSU auch keinen Asyl- oder anderen Schutzstatus geben.
Hilfsorganisationen beklagen „entsetzliche“ Lage im Gazastreifen
Derweil warnen Hilfsorganisationen vor katastrophalen Zuständen im Gazastreifen. Medico und Misereor mahnten am Sonntag die Einhaltung des Völkerrechts und die unverzügliche Einrichtung humanitärer Korridore für die Versorgung der 2,2 Millionen Menschen in der Küstenenklave an. Die „völkerrechtswidrigen Angriffe“ auf die Zivilbevölkerung, zivile Infrastruktur und medizinische Einrichtungen müssten eingestellt werden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Beide Gruppen arbeiten mit Gesundheitsdiensten und Menschenrechtsorganisationen im Gazastreifen zusammen.
„Nach allem, was wir von unseren Partnerorganisationen hören, wissen wir, dass die Situation entsetzlich ist“, sagte Tsafrir Cohen, Geschäftsführer von der Hilfs- und Menschenrechtsorganisation Medico International. „Wir befinden uns vor den Augen der Weltöffentlichkeit inmitten einer humanitären Katastrophe, die sich in rasender Geschwindigkeit verschärft.“ Das Gesundheitswesen, die Strom- und die Wasserversorgung seien nach der Kappung durch die israelische Regierung „vollständig kollabiert“. Die Vorräte seien so gut wie aufgebraucht, hieß es weiter.
Gerichte entscheiden unterschiedlich über Demo-Verbote
Angesichts der Lage im Gazastreifen werden in Deutschland pro-palästinensische Demonstration angemeldet. Am Wochenende gab es sie in mehreren deutschen Städten. Menschen versammelten sich teilweise aber auch trotz Verbots zu pro-palästinensischen Kundgebungen. Auf dem Pariser Platz am Brandenburger Tor wurde am Samstag nach Polizeiangaben eine Versammlung von rund 50 Personen aufgelöst. Auf dem Frankfurter Opernplatz versammelten sich trotz eines Verbots laut Polizei rund 1.000 Demonstranten, die gegen Israel demonstrierten. Zwölf Demonstranten wurden nach Polizeiangaben festgenommen.
Im Netz gehen die Meinungen dazu weit auseinander. Während manche keine Pro-Palästina-Demos auf deutschen Straßen sehen wollen, beklagen andere, pro-palästinensische Kundgebungen würden pauschal verboten. Damit würden Menschen rechtswidrig daran gehindert, auf die Situation der Zivilbevölkerung im Gazastreifen aufmerksam zu machen. Man könne sich für Palästinenser einsetzen und gleichzeitig gegen den Hamas-Terror sein.
Gerichte entscheiden bisher unterschiedlich über Demo-Verbote. Während das Verwaltungsgericht Frankfurt am Freitag eine pro-palästinensische Demo erlaubte, kassierte der Hessische Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung am Samstag wieder ein. In Köln wiederum durfte eine zunächst verbotene Demo nach einem gerichtlichen Eilverfahren doch noch stattfinden. Im Anschluss der Demo am Heumarkt sprach die Polizei von einem friedlichen Verlauf. Zeitgleich nahmen am selben Ort Menschen an einer pro-israelischen Demo teil. (epd/dpa/mig) Aktuell Panorama
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