Strafverfahren eingestellt
Sänger Ofarim gesteht: Antisemitische Beleidigung frei erfunden
Das Strafverfahren gegen Gil Ofarim ist gegen die Auflage einer Zahlung von 10.000 Euro vorläufig eingestellt worden. Zuvor hatte der jüdische Sänger gestanden. Seinen Vorwurf, er sei antisemitisch beleidigt worden, habe er erfunden.
Mittwoch, 29.11.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 29.11.2023, 8:49 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Sänger Gil Ofarim hat die gegen ihn erhobenen Verleumdungsvorwürfe eingeräumt. Er legte am Dienstagvormittag vor dem Landgericht Leipzig ein Geständnis ab. Das Verfahren wurde daraufhin gegen die Auflage einer Zahlung von 10.000 Euro eingestellt. Ofarim sagte, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Anklage träfen alle zu, es tue ihm sehr leid. Außerdem entschuldigte er sich bei dem Hotelmitarbeiter W., der in dem Verfahren als Nebenkläger aufgetreten war. W. nahm die Entschuldigung an.
Die Staatsanwaltschaft Leipzig hatte dem Künstler unter anderem Verleumdung und falsche Verdächtigung sowie Betrug und falsche Versicherung an Eides statt vorgeworfen.
Instagram-Video schlug hohe Wellen
Ofarim hatte im Oktober 2021 in einem Instagram-Video behauptet, dass der Mitarbeiter des Leipziger „Westin“-Hotels ihn antisemitisch beleidigt habe. Das Video ging im Netz viral, schlug hohe Wellen und machte bundesweit Schlagzeilen. Zuvor war der jüdische Sänger in einer Sendung des MDR aufgetreten. Nach der Aufzeichnung der Sendung in Leipzig hatte Ofarim in dem Hotel übernachten wollen.
Die Ermittlungen gegen den Hotelmitarbeiter waren zwischenzeitlich eingestellt worden. W. soll nun von Ofarim ein Schmerzensgeld erhalten. Darüber hatten am Dienstag die Richter der Sechsten Strafkammer, Ofarim und seine Verteidiger sowie W. mit seinem Anwalt über mehrere Stunden lang beraten. Nach dem letzten Verhandlungstag vom 16. November habe es außerdem ein Rechtsgespräch der Kammer, der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung und der Nebenklage gegeben, wie der Vorsitzende Richter Andreas Stadler am Dienstag berichtete. Der Richter betonte dabei, dass es in diesem Strafverfahren vor allem auf die zweifelsfreie Feststellung des Sachverhalts und weniger auf den formellen Verfahrensabschluss ankomme.
Entschuldigung wertvoller als Gerichtsurteil
„Die Kammer ist davon überzeugt, dass das Geständnis des Angeklagten der Wahrheit entspricht“, sagte Stadler. Das Strafverfahren kenne nun mehrere Gewinner. „Das ist erstens die Gesellschaft“, sagte der Richter: „Sie hat die Wahrheit erfahren, allen Mutmaßungen ist nun der Boden entzogen.“ Der zweite Gewinner sei der Hotelmitarbeiter und Nebenkläger W.: „Er hat durch das Geständnis und die Entschuldigung des Angeklagten volle Rehabilitierung erfahren.“
Eine Entschuldigung sei wertvoller als ein Gerichtsurteil. „Eine Entschuldigung kann nicht widerrufen werden, ein Gerichtsurteil kann hingegen angefochten werden“, betonte der Vorsitzende Richter. Der dritte Gewinner des Verfahrens sei Ofarim selbst. „Er hat die Chance auf einen vollständigen Neustart“, sagte Stadler: „Er hat einen Fehler gemacht, sich dafür entschuldigt und sich dazu verhalten. Es gibt keine ewige Verdammnis.“
Zentralrat verurteilt Antisemitismus-Lüge
Wenn Ofarim die Auflage von 10.000 Euro innerhalb eines halben Jahres zahlt, wird das Verfahren endgültig eingestellt. Die Staatsanwaltschaft Leipzig und sein Verteidiger hatten der vorläufigen Verfahrenseinstellung noch im Gerichtssaal zugestimmt. Das Geld soll je zur Hälfte an die Jüdische Gemeinde zu Leipzig und den Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz gezahlt werden.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland verurteilte am Dienstag in Berlin das Verhalten des jüdischen Musikers. Ein Antisemitismusvorwurf dürfe niemals grundlos erhoben werden: „Er muss in jeder Hinsicht die Konsequenzen für seine Lüge tragen.“ Der 41-Jährige habe „all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, großen Schaden zugefügt“. (epd/mig) Aktuell Recht
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