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Moschee im Ruhrgebiet © de.depositphotos.com

CDU-Vorschlag

Moschee-Stiftung oder Staatsislam?

Islamische Gemeinden ohne Einfluss aus dem Ausland sind seit Jahren ein politisches Ziel. CDU-Politiker Spahn bringt erneut den Vorschlag einer Bundesstiftung zur Finanzierung von Moscheegemeinden ins Gespräch. Wer sich an Regeln hält, soll Geld bekommen - Staatsislam?

Sonntag, 07.01.2024, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 07.01.2024, 14:02 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Der CDU-Politiker Jens Spahn hat die Idee einer Gründung einer Bundesstiftung zur Finanzierung von Moscheegemeinden vorgeschlagen. Spahn sieht dies als Alternative für die bisher noch immer übliche Finanzierung aus dem Ausland. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte er, muslimische Gemeinden, die sich zu Predigten auf Deutsch bereit erklären, von in Deutschland ausgebildeten Imamen geleitet werden und eine transparente Kinder- und Jugendarbeit anbieten, sollten über die Stiftung finanzielle Unterstützung erhalten, auch über einen längeren Zeitraum, bis sie sich selbst tragen können. Bei Experten stößt der Gedanke einer Stiftung auf Zustimmung, auch bei Vertreterinnen der Ampel-Koalition. Es gibt aber auch Bedenken.

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Manche islamische Religionsgemeinschaften in Deutschland erhalten finanzielle Unterstützung aus dem Ausland. Weil die Gemeinden anders organisiert sind als etwa die Kirchen, ist es bislang nicht gelungen, ein Finanzmodell ähnlich der Kirchensteuer zu etablieren. Spahn sagte, der Weg über die Bundesstiftung „wäre keine Steuer, das wäre eine freiwillige Finanzierung“ – ein Umweg. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag spricht offen an, was sich hinter seinem Vorschlag verbirgt: „Wenn wir die Auslandsfinanzierung nicht stoppen und keine deutschen Moscheegemeinden aufbauen, werden wir in fünf oder zehn Jahren ein schlimmes Erwachen haben. Dann laufen wir weiter in die Radikalisierung.“

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Der Göttinger Religionsverfassungsrechtler Hans Michael Heinig begrüßt den Vorschlag. Nach seinem Eindruck leide die Islampolitik seit vielen Jahren unter Ideenarmut und übermäßiger Ängstlichkeit, sagte Heinig dem „Evangelischen Pressedienst“. „Vorschläge ‚out of the box‘ sind hilfreich, wenn sie keine Schnellschüsse sind, sondern Grundlage für weiteres Nachdenken.“ Der Staat dürfe unter Wahrung von Religionsfreiheit und Neutralitätsverpflichtung mittels finanzieller Förderung auch religions- und integrationspolitische Zwecke verfolgen, sagte Heinig. Ein Stiftungsmodell dürfe aber nicht zu einem deutschen Staatsislam durch die Hintertür führen.

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Muslime befürchten deutschen Staatsislam

Genau das befürchten viele Musliminnen und Muslime: Wenn der Staat vorgibt, wer unter welchen Bedingungen Moscheen finanziert werden, sind sie – und damit auch ihre Religion – nicht mehr unabhängig, sondern rutschen von einer Abhängigkeit in eine andere. Befürchtet wird auch, dass der Staat als indirekter Geldgeber und damit auch die Politik durch Regularien versuchen könnten, religiöse Inhalte vorzugeben, etwa bei kontrovers diskutierten gesellschaftlichen Themen. Zudem stehen verfassungsrechtliche Bedenken im Raum mit Blick auf das verankerte Gebot der Trennung von Staat und Kirche.

Die religionspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Lamya Kaddor, weist darauf hin, dass die Idee einer Stiftung nicht neu sei. Sie verwies auf die in Baden-Württemberg für den islamischen Religionsunterricht gegründete Stiftung. Spahns Grundgedanken unterstützt Kaddor: „Vor allem muss es darum gehen, hier beheimatete Muslime endlich die Möglichkeit zu geben, ihren Glauben unabhängig von ausländischem Einfluss praktizieren zu können.“

Experte warnt vor Radikalisierungsdebatte

Auch die FDP-Politikerin Sandra Bubendorfer-Licht begrüßte unter Vorbehalt, „dass Jens Spahn hier einen konstruktiven Vorschlag macht“. Finanzierungskonzepte allein würden radikale Ideologien aber nicht bekämpfen. „Das Ziel muss bei allen diskutierten Maßnahmen sein, dass wir einen modernen und offenen Islam deutscher Prägung stärken und unterstützen“, sagte sie. Bubendorfer-Licht verwies auf den kürzlich zwischen Bundesinnenministerium und der türkischen Religionsbehörde Diyanet vereinbarten schrittweisen Stopp der Entsendung von Imamen aus der Türkei. Die Entlohnung der Imame macht für die meisten Ditib-Moscheen in Deutschland einen nicht unwesentlichen Teil der finanziellen Abhängigkeit aus. Andere laufende Kosten werden überwiegend mit Mitgliedsbeiträgen, Spendengeldern und ehrenamtlicher Arbeit finanziert.

Die Idee einer Stiftung für Moscheegemeinden wurde bereits 2022 vom islamischen Religionssoziologen Rauf Ceylan und dem Islamwissenschaftler Michael Kiefer publik gemacht. Ceylan warnte davor, die Debatte nur im Kontext der möglichen Radikalisierung von Gemeinden zu führen – das Gegenteil von dem, was Spahn jetzt als Begründung vorlegt.

Geistliche vieler Konfessionen kommen aus dem Ausland

„Wenn das Ziel, die komplette Unterbindung von Geistlichen aus dem Ausland sein soll, dann müsste die Debatte für alle Geistlichen aller Konfessionen geführt werden“, sagte Ceylan. Tatsächlich kommen, obwohl die Debatte fast ausschließlich im Zusammenhang mit Moscheen geführt wird, Geistliche vieler Konfessionen aus dem Ausland. Der Osnabrücker Wissenschaftler mahnte auch innermuslimische Debatten über die Moscheefinanzierung an. Die islamischen Organisationen müssten sich aus seiner Sicht ähnlich wie bei Kirchentagen zusammenfinden und für die Moscheefinanzierung eigene Modelle entwickeln.

Für eine lösungsorientierte Debatte spricht sich auch der Deutsche Islamkolleg in Osnabrück, wo Imame für deutsche Gemeinden ausgebildet werden. „Es ist unumgänglich, eigene Ideen und Vorschläge zu entwickeln, um eine Auslandsfinanzierung deutscher Imame ernsthaft einzudämmen“, sagte der Vorsitzende des Islamkollegs, Samy Charchira. (epd/mig) Aktuell Politik

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