Rheinland-Pfalz
Zahl der Asylklagen in 2023 deutlich gestiegen
Steigende Flüchtlingszahlen bringen auch mehr Asylklagen mit sich. Bei den Verwaltungsrichtern geht der Trend schon länger nach oben - vom Hoch aus dem Jahr 2017 ist man aber weit entfernt. In puncto Geschwindigkeit stehen Gerichte in Rheinland-Pfalz vergleichsweise gut da.
Mittwoch, 10.01.2024, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 10.01.2024, 13:31 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Mit den höheren Flüchtlingszahlen ist die Zahl der Asylklagen in Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Bis Ende 2023 seien mehr als 4.100 Klage- und Eilverfahren in Sachen Asyl eingegangen, sagte der Präsident des im Land zentral für diese Fälle zuständigen Verwaltungsgerichts Trier, Heribert Kröger, der Deutschen Presse-Agentur. Dies seien rund 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahlen gingen seit gut einem Jahr wieder nach oben. „Der Anstieg erfolgte im laufenden Jahr im Wesentlichen stetig“, sagte er.
Allerdings müsse man die Zahl relativieren: Sie sei „noch sehr weit entfernt von den Rekord-Eingangszahlen der Jahre 2016 und 2017“ mit knapp 11.000 und mehr als 14.200 Verfahren. Seit dem Höhepunkt der Klagewelle 2017 waren die Zahlen rückläufig gewesen – bis zur Trendumkehr im letzten Jahresviertel von 2022. Im Jahr 2022 standen insgesamt knapp 3.200 Verfahren in der Liste.
Die meisten Antragsteller kämen aus der Türkei, Pakistan und Syrien, sagte Kröger. Es folgten mit Abstand als weitere Herkunftsländer Afghanistan und Ägypten. Die Menschen klagten, weil ihr Asylantrag abgelehnt wurde oder weil sie einen umfassenderen Schutzstatus haben wollten. Die Art des zuerkannten Schutzes entscheide auch darüber, ob die Familie aus dem Heimatland nachziehen könne oder nicht.
Mangelhafte Asylbescheide
Die Gründe, die in den Verfahren geltend gemacht würden, seien vielfältig und unterschieden sich je nach Verhältnissen in den jeweiligen Herkunftsstaaten. Vor allem angeführt würden Verfolgung oder Diskriminierung wegen politischer Ausrichtung, Zugehörigkeit zu bestimmten Volksgruppen, Religionszugehörigkeit oder sexueller Orientierung. Auch Auswirkungen von Krieg oder Naturkatastrophen spielten eine Rolle.
Eine maßgebliche Rolle spielen aber auch mangelhafte Asylbescheide. Einer Auswertung aus dem Jahr 2020 zufolge wurde bundesweit fast jeder dritte Asylbescheid von Richtern einkassiert. Im Jahr zuvor waren das rund 22.000 Asylbescheide. Experten monieren seit Langem, dass Asylverfahren beim Bamf unter großem Zeitdruck entschieden werden und daher oft gravierende Mängel aufweisen.
Weitere Entwicklung
Wie es weiter gehe, hänge auch davon ab, wie schnell es dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gelinge, über die dort gestellten Anträge zu entscheiden, sagte Kröger. Die Zahl der beim Bamf anhängigen Verfahren, in denen noch keine Entscheidung ergangen ist, habe sich beispielsweise im Zuständigkeitsbereich des Trierer Gerichts im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppelt.
„Kräfte des Bamf werden dem Vernehmen nach in erheblichem Umfang durch die Erfassung der Anträge und die Anhörung der Antragsteller gebunden, so dass über Asylanträge vielfach nicht zeitnah entschieden wird“, sagte Kröger. Bamf-Präsident Hans-Eckhard Sommer hatte in einem Brief Anfang November an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) von einer enormen Belastung für das Personal seiner Behörde, Engpässen und weiteren Problemen berichtet.
Am Jahresende 2023 belief sich der Bestand an Klagen noch auf 1.450 (Ende 2022: 748). Derzeit hat das Gericht 22 Richter. Zwar bestehe aktuell „kein dringender Bedarf“ nach zusätzlichem Personal, sagte Kröger. „Je nach Entwicklung der Eingangszahlen“ werden aber mehr Kräfte erforderlich sein. Er habe keinen Zweifel, dass das Personal dann „in dem erforderlichen Umfang“ zur Verfügung gestellt werde.
Hohes Erledigungstempo
Bei der Dauer der Bearbeitung der Asylklagen steht das Gericht in Trier bundesweit an der Spitze. 2022 dauerte ein Hauptverfahren dort im Schnitt 4,8 Monate. Im Jahr 2023 lag man bei 3,8 Monaten, sagte Kröger. 2022 habe ein Verfahren im bundesweiten Schnitt rund 17 Monate gedauert.
Ein Grund für die zügige Erledigung der Verfahren sei die landesweit zentrale Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Trier, sagte Kröger. Hinzu komme ein „hohes Engagement bei allen Gerichtsangehörigen“ – sowohl im richterlichen als auch im nicht-richterlichen Bereich. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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