Lindner gegen Lieferkettengesetz
Oxfam: Kluft zwischen Arm und Reich hat sich weltweit vergrößert
Inflation und hohe Preise stürzen immer Menschen weltweit in Armut. Nicht wenige flüchten deswegen. Zeitgleich haben die Reichsten der Welt ihr Vermögen vermehrt – auch in Deutschland. Finanzminister Lindner treiben derweil andere Sorgen um: das Lieferkettengesetz belaste deutsche Unternehmen.
Dienstag, 16.01.2024, 12:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 16.01.2024, 12:24 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Kluft zwischen Arm und Reich hat laut Oxfam in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Während die fünf reichsten Männer der Welt ihr Vermögen seit 2020 mehr als verdoppelt hätten, seien fast fünf Milliarden Menschen ärmer geworden, erklärte die Entwicklungsorganisation am Montag zur Veröffentlichung eines Berichts im Schweizer Alpenort Davos. Laut UNO-Flüchtlingshilfe gehören Armut und Hunger mit zu den größten Fluchtursachen weltweit. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) warnte: Die Ungleichheit gefährde den Zusammenhalt „unserer Gesellschaften und die Demokratie“.
Laut der anlässlich des Weltwirtschaftsforums vorgelegten Analyse „Inequality Inc.“ haben die fünf wohlhabendsten Männer der Welt – dazu zählen etwa der Tesla-Chef Elon Musk und Amazon-Gründer Jeff Bezos – ihr Vermögen seit 2020 von 405 Milliarden US-Dollar (etwa 369 Milliarden Euro) auf 869 Milliarden US-Dollar (etwa 791 Milliarden Euro) mehr als verdoppelt. Im selben Zeitraum hätten die ärmeren 60 Prozent der Welt, mehr als 4,7 Milliarden Menschen, 20 Milliarden US-Dollar (etwa 18 Milliarden Euro) verloren.
Die geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland, Serap Altınışık, mahnte Reformen im Steuerwesen an. Hohe Vermögen müssten besteuert werden, „damit auch die Superreichen ihren gerechten Beitrag zum Gemeinwohl leisten“, sagte sie. Die größer werdende Ungleichheit untergrabe die Demokratie und trage „maßgeblich dazu bei, dass die Klimakrise sich zu einer Katastrophe ausweitet“.
Die fünf reichsten Deutschen: Plus 66 Milliarden US-Dollar
Weltweit wurden alle Milliardäre laut der Oxfam-Analyse seit 2020 zusammengenommen um 3,3 Billionen US-Dollar reicher. Auch die fünf wohlhabendsten Deutschen sind demnach noch reicher geworden. Seit 2020 sei ihr Vermögen von etwa 89 auf rund 155 Milliarden US-Dollar gestiegen. Das entspreche einem inflationsbereinigten Zuwachs von mehr als 70 Prozent – oder rund 800 Euro pro Bundesbürger.
Entwicklungsministerin Schulze sprach sich mit Blick auf den Bericht für Reformen im Steuerwesen aus. Der Abstand zwischen den Reichsten und den Ärmsten „muss endlich wieder kleiner werden“, erklärte die SPD-Politikerin. „Schon mit sehr kleinen Steuersätzen auf sehr große Vermögen und Übergewinne könnte man viele Probleme lösen.“ Die Besteuerung von „Superreichen“ und den Übergewinnen großer Konzerne müsse auf die internationale Agenda der Finanzminister kommen.
Steuer-Potenzial in Deutschland: 93,6 Milliarden US-Dollar
Oxfam schlägt ein Modell vor, bei dem Vermögen von mehr als fünf Millionen US-Dollar mit zwei Prozent besteuert werden. Vermögen von über 50 Millionen US-Dollar sollten dabei mit drei Prozent und Vermögen, die eine Milliarde US-Dollar übersteigen, mit fünf Prozent besteuert werden. Allein in Deutschland könnten dadurch laut Berechnungen 93,6 Milliarden US-Dollar gewonnen werden, hieß es.
Derweil verlautbarte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), er wolle das Lieferkettengesetz entschlacken und damit Bürokratie abbauen. „Das in der Praxis extrem belastende Lieferkettengesetz muss reduziert und entschlackt werden. Das Gesetz tut wenig für Menschen in Schwellenländern, ist aber ein sehr teures Misstrauensvotum gegen die Wirtschaft“, sagte der FDP-Politiker im Podcast „Table.Today“. Auch den „aktuellen Entwurf der EU-Lieferkettenrichtlinien lehnen wir ab“, heißt es in einem Papier, das das FDP-Präsidium am Montag in Berlin beschlossen hat.
Lieferkettengesetz verbietet Lohndumping in Drittländern
Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), wie es offiziell heißt, legt fest, dass größere Unternehmen sicherstellen müssen, dass sie von Menschenrechtsverstößen wie Zwangsarbeit oder unfairen Lohnzahlungen im Ausland nicht profitieren. Bei Verletzungen müssen die Unternehmen Abhilfemaßnahmen ergreifen.
Für den Oxfam-Bericht werteten die Autoren vorliegende Daten verschiedener Berichte aus und ergänzten diese mit eigenen Berechnungen. Beim am Montag eröffneten Weltwirtschaftsforum in Davos kommen bis Freitag Vertreter aus Politik, Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zusammen. (epd/mig) Aktuell Wirtschaft
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