Studie
Viele Holocaust-Überlebende heute auf Hilfe und Pflege angewiesen
Nach einer Erhebung der Jewish Claims Conference leben weltweit noch etwa 245.000 Holocaust-Überlebende. Ein Fünftel von ihnen ist mittlerweile über 90 Jahre alt und zunehmend auf Hilfe angewiesen. Verhandlungen über Entschädigungszahlungen laufen bis heute.
Dienstag, 23.01.2024, 12:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 23.01.2024, 10:57 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Rund 245.000 Holocaust-Überlebende leben einer Studie zufolge noch weltweit. Die meisten von ihnen lebten in Israel oder den USA, heißt es in einem Report der Jewish Claims Conference, der am Dienstag in Frankfurt am Main veröffentlicht wurde. In Deutschland leben den Zahlen zufolge rund 14.200 Überlebende der Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime. Zwischen 1933 und 1945 ermordeten die Nationalsozialisten fast sechs Millionen Juden in ganz Europa und Nordafrika.
Der Präsident der Claims Conference, Gideon Taylor, wies darauf hin, dass die meisten Überlebenden nun in einer Lebensphase seien, in der der Bedarf an Pflege und Unterstützung steige. „Jetzt brauchen sie uns am meisten“, sagte er. Der Erhebung zufolge befindet sich rund ein Fünftel jenseits des 91. Lebensjahrs. Der Bericht enthält Daten zur Demografie von jüdischen Überlebenden des NS-Völkermords weltweit, ihrem Geburtsland, dem heutigen Wohnsitz und zu Alter und Geschlecht.
Größte Community außerhalb Israels in den USA
Heute sind sie der Erhebung zufolge in über 90 Ländern der Welt ansässig. Knapp 119.300, also fast die Hälfte (48,8 Prozent), leben in Israel. In den USA gibt es mit 38.400 die größte Community außerhalb Israels, gut 40 Prozent von ihnen haben sich im US-Bundesstaat New York angesiedelt. In Europa sind in Frankreich mit gut 21.900 die meisten Überlebenden zu finden.
Fast die Hälfte aller Holocaust-Überlebenden (rund 47 Prozent) wurden auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion geboren, rund 22 Prozent in Osteuropa, rund zehn Prozent in Westeuropa und gut 21 Prozent in Nordafrika, etwa in Libyen, Tunesien oder Marokko.
Mehrheit der Überlebenden zwischen 81 und 85 Jahre
Die Mehrheit der Überlebenden der Schoah war zum Zeitpunkt der Erhebung im August 2023 zwischen 81 und 85 Jahre alt (41,2 Prozent), 1946 waren sie demnach zwischen vier und acht Jahren alt. 5,3 Prozent sind heute älter als 96 Jahren, somit waren sie 1946 zwischen 19 und 36 Jahre alt. Der älteste in der Erhebung dokumentierte Überlebende wurde 1912 geboren.
Die Holocaust-Überlebende Reha Bennicasa, Tochter der ältesten Holocaust-Überlebenden Rose Girone (112), sagte, sie und ihre Mutter hätten erst die deutsche und anschließend die japanische Verfolgung überlebt. Angesichts der abnehmenden Population der Holocaust-Überlebenden und dem Anstieg des Antisemitismus sei es umso wichtiger, dass die Welt die kollektive Erinnerung aufrechterhalte, damit sich der Holocaust nicht wiederhole.
Verhandlungen über Entschädigungszahlungen
Die Claims Conference kümmert sich als Zusammenschluss jüdischer Wohlfahrtsverbände und NGOs um die Versorgung von Holocaust-Überlebenden und verhandelt etwa mit Deutschland über Entschädigungszahlungen und andere Ausgleichsleistungen für jüdische Opfer der NS-Verfolgung. Fast 40 Prozent der Überlebenden haben 2023 soziale Hilfen oder Dienstleistungen, die von der Claims Conference vermittelt wurden, erhalten.
Grundlage für die Studie sind nicht nur Daten, die die Claims Conference selbst erhebt, sondern auch zusätzliche Daten etwa von deutschen oder österreichischen Behörden, die Ausgleichszahlungen an Opfer leisten. Laut Claims Conference wurden lediglich jene Überlebende nicht erfasst, die nicht identifiziert werden wollten und nie eine Entschädigung oder Hilfsleistungen in Anspruch genommen haben. Dieser Anteil liege schätzungsweise bei unter 0,1 Prozent. (epd/mig) Aktuell Feuilleton
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Fachkräftemangel vs. Abschiebung Pflegeheim wehrt sich gegen Ausweisung seiner Pfleger
- „Diskriminierend und rassistisch“ Thüringer Aktion will Bezahlkarte für Geflüchtete aushebeln
- Verwaltungsgerichtshof Nürnberg muss Allianz gegen rechts verlassen
- Brandenburg Flüchtlingsrat: Minister schürt Hass gegen Ausländer
- Chronisch überlastet Flüchtlingsunterkunft: Hamburg weiter auf Zelte angewiesen
- Spurwechsel ermöglichen Migrationsexperte fordert Bleiberecht für arbeitende…