Gedenkveranstaltung
Polizei schmeißt Blumen für Hanau-Opfer in Müll
Kurz nach Ende einer Gedenkveranstaltung in Chemnitz für die Opfer des rassistischen Terroranschlags von Hanau wirft die Polizei niedergelegte Kerzen und Blumen in den Müll - und will die Entfernung in Rechnung stellen. Die Stadtverwaltung bedauert den Vorfall, das Netz ist empört.
Mittwoch, 21.02.2024, 11:35 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 21.02.2024, 11:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Umgang der Chemnitzer Polizei mit einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der rassistischen Morde in Hanau hat Kritik ausgelöst. „Ein würdevolles Gedenken – das war unser Ziel. Jedoch mussten wir feststellen, dass die Polizei schon kurz nach Ende sowohl die niedergelegten Kerzen wie auch die Blumen entfernten und in den Müll warfen“, teilten die Organisatoren der Initiative Chemnitz Nazifrei am späten Montagabend mit. Die Leipziger SPD-Politikerin Irena Rudolph-Kokot nannte den Vorgang am Dienstag „einfach daneben“.
Die Polizeidirektion Chemnitz verwies am Dienstag auf den Versammlungsbescheid der Stadt und räumte einen Fehler ein. „Im Bescheid war festgehalten, dass der Versammlungsort nach Ende der Versammlung sauber zu verlassen ist“, erklärte eine Sprecherin der Polizeidirektion auf Anfrage. Es sei aber nicht angemessen gewesen, das so mit Blick auf die abgelegten Blumen und Kerzen auszulegen: „Wir werden dies mit dem verantwortlichen Beamten nachbereiten.“
Stadtverwaltung: „Nicht angemessen“
Die Stadtverwaltung Chemnitz bedauerte das Geschehen und sprach von einem „nicht angemessenen Umgang mit den Blumen und Kerzen“. Zugleich erinnerte sie an das Prozedere bei solchen Veranstaltungen. „Bei allen Versammlungen erhält der Anmelder einen Bescheid, in dem die Auflage steht, dass er den Ort der Versammlung so zu hinterlassen hat, wie er vorgefunden wurde.“ Leider habe der Anmelder beim vorherigen Abstimmungsgespräch die Blumen und Kerzen nicht angekündigt. „Dies hätte die Stadt – insbesondere im Blick auf das Thema der Versammlung – zugelassen.“
Heute gedachten wir auch in #Chemnitz an die Opfer des Anschlags in #Hanau.
Ein würdevolles Gedenken -das war unser Ziel. Jedoch mussten wir feststellen, dass die Polizei schon kurz nach Ende sowohl die niedergelegten Kerzen wie auch die Blumen entfernten und in den Müll warfen. pic.twitter.com/NuvD0eREaA
— Chemnitz Nazifrei (@_C_Nazifrei) February 19, 2024
Die Initiative Chemnitz Nazifrei widersprach der Darstellung. Die Anmelderin der Versammlung habe sowohl Blumen als auch Kerzen angemeldet. Das sei im Bescheid auch so vermerkt. Nichtsdestotrotz habe die Polizei bei der Demo-Anmelderin angerufen und zu alledem auch noch angekündigt, die Entfernung in Rechnung zu stellen. „Wir sind wütend! Wie würdelos ist es, die Blumen & Kerzen, die an ermordete Menschen erinnern sollen, noch an ihrem Todestag in den MÜLLEIMER zu schmeißen“ [sic!], so die Initiative.
Empörung im Netz
Im Netz löst der Vorfall eine Welle der Empörung aus. „Eine konsequente Aufarbeitung des Rassismus-Problems bei der Polizei wäre der einzige Ansatz einer Wiedergutmachung“, schreibt „marie“ im Kurznachrichtendienst „X“ (früher Twitter). Iris Schneider wendet ein: „In der Zeit des Anschlags und danach wurden Kerzen und vor allem Blumen am Gebrüder- Grimm- Denkmal abgelegt und sie durften liegen bleiben.“ Ein anderer X-Nutzer schreibt: „Was soll das Polizei Chemnitz? Kein Respekt, keine Empathie.“ Die Initiative fordert: „Eine Entschuldigung ist nicht nur für uns als Teilnehmer*innen dieses Gedenktages, sondern auch für die Familien der Opfer dringend erforderlich.“
Im hessischen Hanau hatte am 19. Februar 2020 ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. In vielen deutschen Städten fanden am Montag in Erinnerung an das Verbrechen Gedenkveranstaltungen statt. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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Ein symbolischer Akt der chemnitzer Polizei! Diese Respektlosigkeit der chemnitzer Polizei gegenüber den Opfern des rechtsextremistischen Anschlages in Hanau und deren Angehörigen hat nicht nur Empörung, sondern leider auch viel Beifall in der ostdeutschen AfD-Hochburg erhalten!