„Knockout 51“
Ermittlungen gegen Neonazi-Terrorgruppe : Polizist in Verdacht
Vor dem Oberlandesgericht in Jena läuft ein Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Terrorgruppe „Knockout 51“. Nun gerät ein Polizist in Verdacht, Dienstgeheimnisse weitergegeben zu haben. Fragen und Antworten zur rechtsextremen Gruppe.
Montag, 04.03.2024, 16:11 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 04.03.2024, 16:11 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die Neonazi-Kampfsportgruppe „Knockout 51“ ist ein Polizist in Verdacht geraten, Dienstgeheimnisse weitergegeben zu haben. Gegen den Eisenacher Beamten laufen interne Ermittlungen, auch ein Disziplinarverfahren wurde eröffnet, sagte ein Sprecher des Thüringer Innenministeriums am Montag. Nähere Angaben zu den Vorwürfen gegen den Polizisten machte der Sprecher zunächst nicht. Zuvor hatte der MDR über die internen Ermittlungen berichtet.
Vor dem Thüringer Oberlandesgericht in Jena läuft ein Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder von „Knockout 51“. Der Generalbundesanwalt wirft den Thüringer Rechtsextremisten im Alter zwischen 21 und 25 Jahren vor, schwerste Straftaten vorbereitet zu haben. Jahrelang haben Rechtsextreme vor allem im Raum Eisenach Menschen in Angst versetzt: Sie hatten dort versucht, Orte zu schaffen, an denen sie die Regeln bestimmen. Inzwischen haben Justiz und Polizei hart gegen die Vereinigung durchgegriffen.
Was ist „Knockout 51“?
Bei „Knockout 51“ handelt es sich um eine rechtsextreme Gruppe, die nach außen hin vor allem Kampfsport betrieben hat – nach den Ermittlungen unter anderem des Generalbundesanwalts aber deutlich mehr war als ein Zusammenschluss von Sportbegeisterten. In dieser Organisation, die spätestens 2019 gegründet worden sein soll, sollen sich besonders gewaltbereite Rechtsextremisten gesammelt haben. Sie sollen sich auch darauf vorbereitet haben, andere Menschen zu töten, und sich zumindest teilweise bereits entsprechend bewaffnet haben. Die Gruppe war vor allem im Raum Eisenach aktiv, gilt aber auch als bundesweit vernetzt.
Der Generalbundesanwalt hält „Knockout 51“ für eine terroristische Vereinigung. Im Kern teilen diese Auffassung auch die Demokratieberater des Vereins Mobit. „Die gehören zu den militantesten Neonazi-Gruppen, die wir in den vergangenen Jahren in Deutschland gesehen haben“, sagt ein Mobit-Sprecher. Der Verein berät neben zivilgesellschaftlichen Initiativen auch Verwaltungen in Thüringen und die Landes-Polizei zum Umgang mit Rechtsextremismus.
Welche Ermittlungen und Prozesse laufen gegen „Knockout 51“?
Seit August 2023 läuft vor dem Oberlandesgericht Jena ein großer Staatsschutzprozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder von „Knockout 51“. Sie alle sitzen seit April 2022 in Untersuchungshaft und gelten als einige der zentralen Figuren der Gruppe. Damals hatte es eine vom Generalbundesanwalt veranlasste und großangelegte Polizeiaktion gegen „Knockout 51“ gegeben.
Zudem kam es zuletzt zweimal zu weiteren Razzien bei mutmaßlichen Mitgliedern oder Unterstützern der Gruppe: einmal im November 2023 auf Auftrag der Staatsanwaltschaft Gera. Damals hatte die Polizei 16 Objekte in Thüringen und Hessen durchsucht, ermittelt wird in diesem Zusammenhang gegen zwölf Beschuldigte. Das andere Mal im Dezember 2023, wiederum veranlasst durch den Generalbundesanwalt. Bei diesen Durchsuchungen in Erfurt und Eisenach waren drei Männer festgenommen worden.
Wie ist der aktuelle Stand in dem Staatsschutzverfahren in Jena?
Seit Beginn dieses von hohen Sicherheitsvorkehrungen begleiteten Prozesses sind mehrere Zeugen gehört worden. Ein Teil von ihnen zeigte sich auch vor Gericht erkennbar eingeschüchtert und war sehr zurückhaltend damit, Aussagen zu machen, die die Angeklagten belasten würden.
Zuletzt ging es in dem Prozess vor allem um die Frage, ob die abgehörten Gespräche und Telefonate beziehungsweise die durch die Polizei sichergestellten Chatverläufe auf den Handys der Angeklagten als Beweismittel verwertet werden dürfen. Die Verteidiger der Angeklagten hatten versucht, das zu verhindern und argumentiert, die Polizei habe dieses Material rechtswidrig erlangt. Der zuständige Staatsschutzsenat entschied aber unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Ergebnisse der Telekommunikationsüberwachung in dem Verfahren verwendet werden dürfen.
Lässt sich schon absehen, wie dieser Prozess ausgehen wird?
Nein. Denn während der Generalbundesanwalt den vier Angeklagten vorwirft, sie hätten unter anderem geplant, ihre politischen Gegner durch den Einsatz von Messern, Äxten und Macheten zu töten, haben sich die Angeklagten bislang nicht im Detail zu den Anschuldigungen geäußert. Sie hatten zum Prozessbeginn geschwiegen. Später forderte der Verteidiger des Hauptangeklagten das Ende des Verfahrens gegen seinen Mandanten. Das Gericht lehnte diesen Antrag ab.
Gleichzeitig hat das Gericht aber schon deutlich gemacht, dass es die Annahmen des Generalbundesanwalts nicht vorbehaltlos akzeptiert. So hatte der Staatsschutzsenat die Anklage gegen die Männer nur unter der Maßgabe zugelassen, „Knockout 51“ zumindest vorübergehend nur als kriminelle und nicht als terroristische Vereinigung einzuordnen. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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