Kunstfreiheit in Gefahr?
documenta sorgt weiter für Antisemitismus-Debatten
Ein Verhaltenskodex soll bei der documenta 16 Antisemitismus verhindern. Eine Initiative sieht dadurch die Kunstfreiheit bedroht und stellt sich mit einer Petition gegen politische Einflussnahme.
Sonntag, 10.03.2024, 12:58 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 10.03.2024, 12:58 Uhr Lesedauer: 5 Minuten |
Wie geht es weiter mit der documenta? Nach dem Rücktritt der Findungskommission der documenta 16 im November vergangenen Jahres, befindet sich die Ausstellung in Kassel „auf dem Weg zu einem vollkommenen Neustart des Findungsprozesses“, erklären die Stadt Kassel und die documenta gGmbH. Zum Jahresende wird demnach die Bekanntgabe der Künstlerischen Leitung der 16. Ausgabe der Weltkunstschau im Jahr 2027 erwartet.
Zugleich ist eine Debatte um die Verhaltenskodexe entbrannt, die eine Managementberatung in ihrem Abschlussbericht zur Aufarbeitung des Antisemitismus-Debakels der fünfzehnten Ausgabe der Ausstellung im Sommer 2022 vorgeschlagen hat. Diesen sogenannten Codes of Conduct, die den Schutz der Menschenwürde sowie der Kunstfreiheit gewährleisten sollen, sollen sich die Geschäftsleitung und die Künstlerische Leitung jeweils verpflichten.
Initiative stellt sich gegen politische Einflussnahme
Die Initiative „#standwithdocumenta“ sieht dadurch die Kunstfreiheit gefährdet. Mit einer Petition stellt sie sich gegen Versuche politischer Einflussnahme auf die documenta. Über 3000 Unterschriften sind bislang zusammengekommen. Der Sprecher der Initiative, Wendelin Göbel, will die Aktion als Weckruf verstanden sehen. „Wir haben die Sorge, dass mit den Codes of Conduct die Kunstfreiheit durch die Hintertür eingeschränkt werden soll und befürchten einen großen Flurschaden für die documenta.“
„Niemand will Antisemitismus auf der documenta, auch nicht nur ein bisschen“, betont Göbel. Es dürfe keine Diskriminierung auf der Ausstellung geben. Dafür gebe es einen klaren rechtlichen Rahmen. Zugleich dürfe aber auch die Kunstfreiheit nicht eingeschränkt werden. „Es darf keine Vorkontrolle geben. Die Kunstfreiheit muss uneingeschränkt gelten“, fordert Göbel. Unterstützer der Initiative sind unter anderem die ehemaligen Kasseler Oberbürgermeister Hans Eichel, Bertram Hilgen und Wolfram Bremeier. Mit Gunnar Richter, Horst Hoheisel und Gernot Minke machten kürzlich auch drei documenta-Künstler aus Kassel ihre Unterzeichnung der Petition bekannt.
documenta-Gremien nehmen Sorgen ernst
Die documenta gGmbH und deren Aufsichtsratsvorsitzender, Kassels Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne), nehmen die Sorgen der Initiative nach eigenen Angaben sehr ernst. Das Bekenntnis zum im Grundgesetz verbrieften Grundrecht der Kunstfreiheit teile die documenta gGmbH vorbehaltlos in allen Gremien der Gesellschaft, erklären sie. Die Sorge, diese sei durch die Umsetzung von im Rahmen der Organisationsuntersuchung empfohlen Maßnahmen gefährdet, sei aber unberechtigt. „Im Gegenteil ist diese gerade von der Absicht getragen, den grundgesetzlich geschützten Werten der Achtung der Menschenwürde und der künstlerischen Freiheit besseren Schutz zu gewährleisten.“
Der Code of Conduct der documenta gGmbH solle Grundwerte beschreiben, an denen sich deren sämtliches Handeln orientiere. „Ein Fokus soll es dabei sein, klarzumachen, dass die gGmbH sich eindeutig gegen Antisemitismus, Rassismus und sonstige Formen der Diskriminierung positioniert und ihre Einwirkungsmöglichkeiten unter Wahrung der Kunstfreiheit auch nutzen wird, um dieses Ziel zu erreichen.“ Über die Beschreibung der Grundwerte hinaus, solle er keine expliziten zensierenden Beschränkungen des kuratorisch-künstlerischen Handelns enthalten.
Der zweite Kodex solle erst nach der Berufung der Künstlerischen Leitung in einem von dieser zu definierenden Prozess erarbeitet werden. „Dieser zweite Code of Conduct soll die Grundwerte der Künstlerischen Leitung und die Zusammenarbeit mit externen Künstler:innen beschreiben und er soll Passagen enthalten, die beschreiben, wie gewährleistet wird, dass die Ausstellung die Menschenwürde nicht verletzt. Er soll dann dem Aufsichtsrat zu Kenntnisnahme und bewusst nicht zur Freigabe vorgelegt werden.“
Die Künstlerische Leitung sei also frei, selbst zu formulieren, wie sie dieses Ziel genau versteht und wie sie es in ihrem freien kuratorischen Wirken umsetzen will. „Das nimmt in Kauf, dass die künstlerische Leitung dieses Ziel ganz anders versteht als die gGmbH.“ Wichtig sei zudem, dass dieser Kodex nicht Bestandteil des Vertrages mit der Künstlerischen Leitung und auch nicht bereits vor dem Vertragsabschluss fertig formuliert werden solle.
Gleichwohl sei es sehr nachvollziehbar, dass alleine der Begriff „Code of Conduct“ Assoziationen wecke, es handele sich hier um die Einschränkung von Kunstfreiheit. „Bei allen Argumenten, die für einen Code of Conduct für die Künstlerische Leitung sprechen, kann ich auch die Haltung derjenigen verstehen, die dieser Idee kritisch gegenüberstehen. Auch ein Korsett, das man sich selber schnürt, bleibt am Ende ein Korsett“, räumt Schoeller ein.
Der eigentliche Zweck des zweiten Codes of Conduct bestehe ja letztlich darin, dass die Künstlerische Leitung und die Geschäftsführung möglichst frühzeitig in einen kommunikativen Austausch kämen, auch über Wertefragen. Das könne man möglicherweise auch anders umsetzen. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass man einen festen Programmpunkt schon weit im Vorfeld einer Ausstellung setzt, bei der der Künstlerischen Leitung frei Gelegenheit gegeben wird, zu wesentlichen Fragen und damit auch zu Wertepositionen Stellung zu beziehen“, so Schoeller.
Kunstminister verspricht keine politische Einflussnahme auf Kunstfreiheit
„Politische Einflussnahme auf die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit wird es nicht geben“, verspricht Hessens neuer Kunstminister und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der documenta, Timon Gremmels (SPD). Einer neuen künstlerischen Leitung müsse aber klar sein, dass es unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit keinen Antisemitismus geben dürfe.
„Die Sorge, dass die künstlerische Freiheit, die ein Wesenskern unseres Grundgesetzes ist, eingeschränkt werden könnte, nehme ich sehr ernst“, führt Gremmels aus. „Deswegen ist darauf zu achten, dass alles dafür getan wird, um auf der einen Seite Antisemitismus auf Ausstellungen zu vermeiden, und um auf der anderen Seite die möglichst große Kunstfreiheit zu belassen.“ Das sei die Herausforderung. „Zwischen der vermeintlichen Freiheit, alles sagen und künstlerisch ausdrücken zu dürfen, und strafbaren Handlungen gibt es allerdings auch einen Raum der Öffentlichkeit.“ Diese sei ebenfalls gefordert. „Urteilskräftige Bürgerinnen und Bürger können und müssen sich äußern, wenn wir die Demokratie erhalten wollen.“
„Völlig unstrittig“ ist für Gremmels der Verhaltenskodex der Geschäftsführung. Ob ein Code of Conduct einer Künstlerischen Leitung der richtige Weg sei, müsse genau abgewogen werden. „Man kann nicht jedes Spannungsverhältnis mit Formulierungen und Forderungen im Vorhinein verhindern. Es wird immer Diskussionen geben.“ Und Teil der documenta sei ja auch der Diskurs um genau solche Fragen, die gesellschaftlich diskutiert werden sollten. „Wir werden uns das jetzt sehr genau anschauen und innerhalb des Aufsichtsrates bewerten.“ (dpa/mig) Aktuell Feuilleton
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Ich sag nur lasst es bleiben, Maß und Mitte findet eine poltisch motiviert agierende mit Zensurskeule schwingende Amtsträger-Truppe nicht.
Berlinale Skandale war ein sehr gravierendes Beispiel, wie Politiker und andere in Amt und Würden, mit Öffentlichen Statements, Wahrheiten die Ihnen unbequem sind, zu diskreditieren, zu verdammen, mit Strafrechtlicher Verfolgung zu bedrohen und am Ende, eine Regierungskritische Stimme und dessen Familie in Lebensgefahr zu bringen.
Das ein Ausländischer Botschafter die Regierungskritik mit einen so Anstachelnden Statement diskreditieren kann, um Kritische Stimmen Mundtot zu machen, ist da kaum noch zu übertreffen.
Einzig weil Öffentlich in Diplomatie zu bestimmten Nationen bessere Kontakte bestehen, darf so etwas nicht die Wahrheit unterdrücken oder der Bevölkerung eine verzerrtere Faktenlage aufgezwungen werden. Das ist nicht Rechtstaatlich sondern Rechtsbeugend und Staatliche Zensur, die selbst ehemals für Regierungskritische Meinungen Verfolgte wie Ai wei wei, sagen lässt die Staatliche Zensur hier wäre plötzlich fast wie unter Mao tse tun.
Aber unbequeme Ausseinandersetzung der Politik, jahrelang jegliche Kritik an Israel zu diskreditiert zu haben und nun damit konfrontiert zu sein, darf nicht zu Staatlicher Zensur führen.