„Interne Namenslisten“
Mehr als 100 Rechtsextremisten arbeiten für AfD im Bundestag
Die Bundestagsfraktionen und Abgeordneten beschäftigen zahlreiche Mitarbeiter. Allein bei der AfD sind es mehr als 500 Personen im Bundestag. Einem Bericht zufolge sind mehr als 100 Rechtsextremisten darunter. Bundesinnenministerin Faeser will Regelverschärfung im Bundestag.
Dienstag, 12.03.2024, 12:29 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 12.03.2024, 17:20 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Für die AfD-Bundestagsfraktion und AfD-Abgeordnete sollen einem Medienbericht zufolge mehr als 100 Personen aus Organisationen arbeiten, die von deutschen Verfassungsschutzämtern als rechtsextremistisch eingestuft werden. Der Bayerische Rundfunk (BR) stützt sich in einem am Dienstag veröffentlichten entsprechenden Bericht auf „interne Namenslisten“ aus dem Bundestag und Mitarbeiterverzeichnisse aus der AfD-Fraktion, die er einsehen konnte. Die Fraktion wies den Bericht zurück und sprach von einer Kampagne.
Unter den Mitarbeitern sollen laut BR Personen sein, die namentlich in Verfassungsschutzberichten erwähnt werden, die Führungspositionen in beobachteten Organisationen innehaben und die als Referenten beim als rechtsextremistisch eingestuften Institut für Staatspolitik (IfS) in Schnellroda aufgetreten sind. Auch ein Vertreter des Vereins „Ein Prozent“, der vom Inlandsgeheimdienst zur sogenannten neuen Rechten gezählt wird und ebenfalls als rechtsextremistisch eingestuft wurde, ist demnach darunter.
Einen großen Teil der mehr als 100 Mitarbeiter, von denen die Rede ist, machen den Recherchen zufolge Mitglieder der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) aus, die der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch einstuft, und Mitarbeiter aus den AfD-Landesverbänden Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die von den dortigen Verfassungsschutzämtern als gesichert rechtsextremistisch eingestuft werden. Allein rund 25 Beschäftigte sind demnach in der JA und „Dutzende“ kommen laut dem Bericht aus den drei genannten Landesverbänden.
500 Personen arbeiten für AfD-Bundestagsfraktion
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, bezeichnete die Veröffentlichung am Dienstag in Berlin als „Teil einer üblen Kampagne“. Er verwies auf die in Münster laufende Gerichtsverhandlung zwischen der AfD und dem Verfassungsschutz und sprach von nebulösen Verdächtigungen. Die Veröffentlichung am selben Tag sei kein Zufall. „Da ist nichts dran“, sagte Baumann. Er nannte den Verfassungsschutz einen „Büttel der Innenministerien“. Die AfD kritisiert die Verfassungsschutzbehörden immer wieder als nicht unabhängig und geht gerichtlich dagegen vor, dass der Inlandsgeheimdienst sie beobachtet.
Insgesamt arbeiten den BR-Recherchen zufolge mehr als 500 Personen für die AfD-Bundestagsfraktion oder ihre Abgeordneten. Die Fraktion hat 78 Abgeordnete.
Faeser für Regelverschärfung im Bundestag
Bundesinnenministerin Nancy Faeser brachte in Reaktion auf den Bericht eine Regelverschärfung im Bundestag ins Spiel. „In Regierung und Behörden dürfen nur Menschen arbeiten, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes agieren“, sagte die SPD-Politikerin der „Rheinischen Post“. Der Bundestag könne seine eigenen Regeln überprüfen und Verschärfungen diskutieren. Die Regierung halte sich da wegen der Gewaltenteilung heraus. „Klar ist aber: Wir sind eine wehrhafte Demokratie und müssen alle Mechanismen nutzen, um diese vor ihren Feinden zu schützen“, sagte Faeser.
Im Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter, forderten die Bundestagsvizepräsidentinnen Yvonne Magwas (CDU) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) Konsequenzen aus den Recherchen. „Wir müssen als Präsidium hier aktiv werden“, schrieb Magwas. Göring-Eckardt postete: „Es kann nicht sein, dass Verfassungsfeinde im Deutschen Bundestag arbeiten und von dort versuchen, unsere Demokratie auszuhöhlen – bezahlt mit Steuerzahlergeld. Das sollte dringend überprüft werden.“
Debatte um Sicherheitsüberprüfungen
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, sagte dem „Tagesspiegel“ (online), er sei sicher, „dass die damit einhergehenden Fragen zur Sicherheit des Landes und von Abgeordneten und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit aller Dringlichkeit im Präsidium des Deutschen Bundestags intensiv erörtert werden“. Er sieht in den Recherchen einen weiteren Beleg dafür, „wie eng die AfD längst mit dem Rechtsextremismus verflochten ist“.
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte, die Auswahlpraxis der AfD-Bundestagsabgeordneten zeige einmal mehr, „dass die AfD in Teilen rechtsextremistisch ist“. Rein rechtlich sei es aber schwierig, Bundestagsabgeordnete bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter einschränken zu wollen. Gegenmaßnahmen dürften zudem nicht zur Belastung für alle anderen Abgeordneten werden.
Hausordnung des Bundestags
Wer in Gebäuden des Bundestages arbeitet, bekommt für den Zutritt einen Bundestagsausweis. Dieser wird auf Antrag erstellt. Laut Hausordnung des Bundestages wird eine sogenannte allgemeine Zuverlässigkeitsüberprüfung der betreffenden Person durchgeführt, wofür Polizeidatenbanken genutzt werden. Der Antrag kann abgelehnt werden, „wenn begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit der antragstellenden Person bestehen“. Der Ausweis kann später aus diesen Gründen auch wieder eingezogen werden.
Der Bundestag hatte nach Störungen durch eine Aktion der Gruppe „Letzte Generation“ und den Ermittlungen des Generalbundesanwalts gegen die frühere AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann im Zusammenhang mit mutmaßlich terroristischen Plänen einer Reichsbürger-Bewegung vor rund einem Jahr die Zugangsregeln für den Bundestag verschärft. Sie sehen unter anderem mehr Sicherheitskontrollen beim Einlass und eine jährliche Wiederholung der sogenannten Zuverlässigkeitsüberprüfungen bei allen Hausausweis-Inhabern vor. (dpa/epd/mig) Leitartikel Politik
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Einfach nur unfassbar, dass Deutschland dieses menschenverachtende Gesellschaftsexperiment „Duldung von Rechtsextremisten in der Mitte der Gesellschaft“ immer noch weiter betreibt!