Rassismus und Polizeigewalt
96 Schüsse gegen Schwarzen bei US-Verkehrskontrolle
US-Polizisten schießen nach einer Verkehrskontrolle 96 Mal auf einen 26-jährigen Schwarzen Mann. Vor der Herzmassage legen sie dem reglos auf dem Boden liegenden Handschellen am Rücken an. Der Fall entflammt eine erneute Debatte über Rassismus und Polizeigewalt. Bodycam-Videos zeigen verstörende Bilder.
Donnerstag, 11.04.2024, 12:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 11.04.2024, 12:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
In den USA ist erneut eine Debatte über Rassismus und Polizeigewalt entflammt, nachdem Beamte in Zivilkleidung bei einer Verkehrskontrolle in Chicago nahezu 100 Schüsse auf einen schwarzen Mann abgefeuert und ihn so getötet haben. Der Vorfall ereignete sich bereits am 21. März in einer Wohngegend, aber die Behörde für polizeiliche Rechenschaftspflicht in Chicago (COPA) veröffentlichte die Bodycam-Aufnahmen der beteiligten Polizisten erst am Dienstag. Die Familie des getöteten 26-Jährigen fordert weitere Aufklärung.
Ersten Erkenntnissen von COPA zufolge feuerte der Mann zuerst selbst einen Schuss ab und traf einen Polizisten am Unterarm, nachdem ihn fünf Beamte angehalten hatten. Anwälte der Familie geben an, die Polizisten seien in Zivilbekleidung aufgetreten. Auf dem Videomaterial ist zu sehen, wie sie sich mit gezückten Waffen auf das Auto des Mannes zubewegen. Zunächst fordern sie ihn auf, sein Fenster herunterzukurbeln und dann, die Tür zu öffnen – nach Behördenangaben wurde er wegen eines nicht angelegten Sicherheitsgurtes angehalten. Die Bilder zeigen, wie der Mann offenbar nicht sofort den Anweisungen folgt, ein Schuss ist zu hören und die Situation eskaliert innerhalb kürzester Zeit.
Herzmassage mit Handschellen am Rücken
Wie COPA mitteilte, feuerten die Beamten über 41 Sekunden hinweg ungefähr 96 Mal auf den Mann, auch dann noch, als er die Autotür geöffnet hatte und zu Boden fiel. Auf den Videos ist zu sehen, wie Polizisten dem reglos und blutüberströmt auf dem Boden liegenden Mann Handschellen am Rücken anlegen, anschließend mit Herzmassage versuchen, ihn zu reanimieren. Den Angaben zufolge wurde er anschließend in ein Krankenhaus gebracht und dort für tot erklärt.
Auf seinem Beifahrersitz wurde demnach später eine Waffe entdeckt. COPA teilte weiter mit, die Ermittlungen dauerten an. Das FBI und das US-Justizministerium würden über den Verlauf informiert. Man habe zudem darum gebeten, vier Beamte vorerst von ihren polizeilichen Befugnissen zu entbinden.
Fall erinnert an Tod von George Floyd
Die Familie des Getöteten stellte die Umstände der Verkehrskontrolle zur Diskussion. Die Beamten hätten sich nie zu erkennen gegeben, sagte ihr Anwalt am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Es habe sich um Polizisten in Kapuzenpullis und Baseballkappen gehandelt, auch das Polizeiauto sei nicht gekennzeichnet gewesen. „Wir haben ein Problem mit der Polizeiarbeit in dieser Stadt“, sagte ein weiterer Anwalt. Fünf Beamte seien „bewaffnet aus einem Auto gesprungen, für einen jungen Mann, der nicht angeschnallt war“.
In den USA kommt es regelmäßig zu tödlichen Polizeieinsätzen ähnlicher Art. Stellvertretend steht dafür der Fall von George Floyd, der vor wenigen Jahren nationale Proteste auslöste. Im Mai 2020 war der Afroamerikaner bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis ums Leben gekommen. Videos dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Der weiße Beamte Derek Chauvin presste dabei sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Der Fall führte damals zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. (epd/mig) Ausland Panorama
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