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Stacheldraht auf EU-Fahne (Symbolfoto) © claudiodivizia/123rf.com

Deutlich härtere Regeln

Fragen und Antworten zur EU-Asylreform

Jahrelang wurde über das europäische Asylrecht gestritten - nun hat das EU-Parlament einer Reform zugestimmt. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Antworten auf wichtige Fragen.

Von Donnerstag, 11.04.2024, 13:41 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 11.04.2024, 13:46 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Warum soll die Asylpolitik in der EU reformiert werden?

An einer Reform wird bereits seit 2015 und 2016 intensiv gearbeitet. Damals waren Länder im Süden Europas wie Griechenland mit einer Vielzahl von ankommenden Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert. Hunderttausende kamen in andere EU-Staaten.

Dies hätte eigentlich nicht passieren dürfen, denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber da registriert werden, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben.

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Wie soll es in Zukunft ablaufen, wenn Geflüchtete an einer EU-Außengrenze ankommen?

Die Reform sieht einheitliche Grenzverfahren an den Außengrenzen vor. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen diese Menschen bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können.

Menschen, die aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, sowie solche, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, müssen künftig verpflichtend in ein solches Grenzverfahren. Ankommende Menschen können dem Vorhaben nach mit Fingerabdrücken und Fotos registriert werden, auch um zu überprüfen, ob sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sein könnten.

Was passiert bei Ankunft besonders vieler Asylsuchender?

Bei einem besonders starken Anstieg der Migration könnte von den Standard-Asylverfahren mit der sogenannten Krisenverordnung abgewichen werden. Zum Beispiel kann der Zeitraum verlängert werden, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. Zudem könnte der Kreis derjenigen vergrößert werden, der für die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt. Das gälte dann für Menschen aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote von maximal 50 Prozent.

Sind Familien mit Kindern vom Grenzverfahren ausgenommen?

Nein, und das, obwohl die Bundesregierung zunächst gefordert hatte, Familien mit Kindern aus humanitären Gründen von den Grenzverfahren auszunehmen. Dieses zentrale Anliegen scheiterte jedoch. Nur unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bilden eine Ausnahme. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bedauerte dies und sagte, dass nun bei der Umsetzung des neuen Asylsystems umso mehr darauf geachtet werden müsse, „dass es fair, geordnet und solidarisch zugeht“.

Wie werden die Geflüchteten dann verteilt?

Die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem „Solidaritätsmechanismus“ neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, etwa in Form von Geldzahlungen.

Ab wann soll das neue Recht gelten?

Die Einigung muss noch von den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerweise eine Formalität. Dann haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, um die Vorgaben umzusetzen. Das soll den Staaten an den Außengrenzen genügend Zeit geben, entsprechende Einrichtungen zur Unterbringung von Menschen aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent zu schaffen.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson beteuerte, dass die Mitgliedstaaten um Schnelligkeit bemüht seien. „Einige der Mitgliedsstaaten haben bereits mehr oder weniger mit der Umsetzung begonnen.“

Was heißt das jetzt für Deutschland?

Kurzfristig wird sich an der Situation in Deutschland nichts ändern. Denn bis die nun politisch geeinten Regelungen in die Praxis umgesetzt werden, kann es noch dauern. Die Analyse des konkreten Anpassungsbedarfs in Deutschland sei noch nicht abgeschlossen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Nachfrage.

Dabei gehe es um rechtliche, praktische, technische und sonstige Anpassungen. Die rechtlichen Anpassungen betreffen laut Innenministerium voraussichtlich das Asylgesetz und das Aufenthaltsgesetz, liegen zum Teil aber auch in den Zuständigkeitsbereichen anderer Ressorts und der Länder. Gespräche mit den anderen betroffenen Bundesressorts und den Ländern seien geplant.

Könnte die Reform die Zahl der Geflüchteten in Deutschland verringern?

Ja, denn ein Teil der Schutzsuchenden wird dann von den Außengrenzen direkt zurückgeschickt, und die verschärften Regeln könnten abschreckend wirken. Darauf hoffen neben den Verhandlern auch CDU und CSU sowie Länder und Kommunen. Kurzfristig wird sich an der Situation in Deutschland laut Migrationsforscherin Zeynep Yanaşmayan vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung nichts ändern. „Wie die Aufnahmestaaten agieren, wirkt sich auf Migration, vor allem auf Flucht, nur sehr begrenzt aus“, sagte sie.

Der Deutsche Städtetag dringt jedoch weiterhin auf sofortige Unterstützung bei der Unterbringung der Geflüchteten. „Die Verordnung soll ab 2026 von den Mitgliedstaaten angewendet werden. Doch schon in einigen Monaten müssen sie mit der Vorbereitung und Umsetzung beginnen. Das könnte sich dann schon auf die Migrationszahlen auswirken, deutliche Effekte wird es aber von heute auf morgen nicht geben“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der Deutschen Presse-Agentur. „Bund und Länder bleiben deshalb weiterhin in der Pflicht, auch die in Deutschland beschlossenen Maßnahmen zur Flüchtlingsfinanzierung und zur besseren Steuerung von Migration konsequent umzusetzen. Die Städte müssen dringend entlastet werden.“ (dpa/mig) Aktuell Panorama

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