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MiGAZIN Kolumnist Sven Bensmann © privat, Zeichnung MiG

Nebenan

CDUmmschwätzer

Aufgefallen? Beim TV-Duell zwischen dem Thüringer CDU-Landesschef Voigt und dem Rechtsextremen AfD-Höcke im Springer-Sender „Welt TV“ gab’s – warum auch immer – keine Brandmauer.

Montag, 15.04.2024, 10:12 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 15.04.2024, 6:38 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Letzte Woche war es endlich so weit. Beim rechten Propagandasender „WeltTV“ (Springer) hatte sich Mario Voigt (Landeschef der CDU Thüringen) eingefunden, um zu beweisen, dass der faschistische Hetzer Bernd Höcke in Wirklichkeit ein ganz normaler, anständiger Typ ist, mit dem auf Augenhöhe der Spitzenkandidat der Partei von Merkel, Kohl und Adenauer problemlos diskutieren kann.

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Entsprechend zuversichtlich kletterte Voigt über die Brandmauer hinweg, um dem verfassungsfeindlichen Giftspritzer „auf sachlicher Ebene zu begegnen“ und „politische Unterschiede herauszuarbeiten“ – wie man das unter politischen Konkurrenten halt so macht, die einander respektieren und schätzen. Von Ausgrenzung rechter Schmuddelkinder, deren Positionen einer seriösen Reaktion gar nicht erst gewürdigt werden sollten nichts mehr zu spüren.

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Schon das war ein Riesengewinn für die AfD und ihren Führer Höcke. Ihn in großer Öffentlichkeit zu sehen bestärkt die eigene Blase dann auch darin anzunehmen, dass die AfD endlich angekommen ist und „wirkt“ – und hat sicher auch den ein oder anderen Zweifler davon überzeugen können, dass diese AfD tatsächlich eine ganz normale Partei ist, die man guten Gewissens wählen kann, wenn man „denen da oben mal ordentlich eins auswischen“ will. Und für den nötigen Spin, dass Höcke den CDU-mmschwätzer „in Grund und Boden argumentiert“ habe, hat die AfD schließlich längst ihre eigene Gegenöffentlichkeit, in der andere, kritischere Analysen keinen Platz haben.

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„Eine Katastrophe mit Ansage, die Mario Voigt und die CDU wissentlich und willentlich herbeigeführt haben und als solche auch ganz allein zu verantworten haben.“

Dass Voigt sich dann auch in einer Weise geschlagen hat, dass viele schon froh waren, dass er sich nicht vollständig blamiert hat und die Katastrophe ausblieb, zeigt, dass das Vorhaben, die AfD zu „entlarven“ von Vornherein zum Scheitern verurteilt war. Dabei wäre genau das Gegenteil dringend nötig gewesen: Wenn man einem wie Höcke schon eine solche Plattform bietet, dann muss das Duell für diesen als Katastrophe enden – alles andere ist eine Katastrophe für die Demokratie. Eine Katastrophe mit Ansage, die Mario Voigt und die CDU wissentlich und willentlich herbeigeführt haben und als solche auch ganz allein zu verantworten haben.

Vergessen in Sachen dieser Verantwortlichkeit sollten wir aber natürlich auch nicht CDU-Chef Friedrich Merz, ohne dessen Zustimmung es nicht zu dem TV-Duell gekommen wäre und in dessen Gesamtstrategie, die AfD mittelfristig so zu legitimieren, dass die Union einen Koalitionspartner jenseits des Hauptfeinds in Grün gewinnt, sich dieses Duell nahtlos einfügt.

Wie gefährlich diese Strategie ist, sollte jemand, der sich auf Bundesebene in der Politik bewegt, natürlich wissen: Das TV-Duell fand exakt am Tag der Befreiung des KZ Buchenwald – idyllisch im Bundesland von Voigt und Höcke gelegen – statt, das als direkte Folge eines verhängnisvollen Flirts Konservativer mit Faschisten erbaut wurde, die auch glaubten, einen Radikalen durch Regierungsverantwortung entzaubern zu können.

Und auch wer so geschichtsvergessen ist wie die CDU muss ja nur einmal auf die Parteifreunde jenseits des großen Teiches schauen: Die Grand Old Party, die republikanische Partei, bei der sich die Union gern in Sachen culture war gegen Minderheiten beraten lässt, liegt in Trümmern, nachdem sie sich einem Faschisten mit orangem Gesicht und gelben Haaren ausgeliefert hat. Wenn es überhaupt noch einmal passieren sollte, wird es jedenfalls noch eine sehr lange Zeit dauern, bis wieder ein Republikaner im Weißen Haus sitzt, der nicht Trump heißt oder allein von dessen Gnaden ins Kandidatenrennen geschickt wurde.

Sollte das die Zukunft sein, die Friedrich Merz auch für seine Partei anstrebt, dann Prostmahlzeit. Meinung

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