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Gerichtsverhandlung (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

„Schelm“-Urteil

Haft- und Bewährungsstrafen in Prozess um Neonaziverlag

Jahrelang hat der „Schelm“-Verlag volksverhetzende Schriften verbreitet – mehr als 30.000 Bücher. Jetzt sind drei ehemalige Mitarbeiter zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Der Verlagschef ist flüchtig.

Montag, 29.04.2024, 15:31 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 29.04.2024, 15:31 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Im Prozess um den Neonaziverlag „Der Schelm“ sind die drei Angeklagten am Montag zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Die Kammer des Oberlandesgerichtes in Dresden sah es als erwiesen an, dass die zwei Männer und eine Frau einer kriminellen Vereinigung angehört haben. Über den „Schelm“-Verlag hätten sie zwischen 2018 und 2020 volksverhetzende, rassistische und antisemitische Schriften verbreitet.

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Laut Urteil soll der frühere NPD-Politiker Enrico B. zwei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Matthias B. und Annemarie K. wurden auf Bewährung verurteilt – zu einem Jahr und zehn Monaten beziehungsweise einem Jahr und sechs Monaten. Der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats sagte in der Urteilsbegründung, wenn Menschen zum Hass und zur Hetze angestachelt werden, werde „der Nährboden für furchtbare Gewalttaten“ bereitet.

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Nach dem Gesetz sei „jeder Text, der zum Hass aufstachelt oder die Menschenwürde angreift, strafbar“, sagte Schlüter-Staats. Allein wenn die Menschenwürde böswillig verächtlich gemacht werde, störe dies den öffentlichen Frieden. Leider seien nationalsozialistische Schriften dazu auch nach Jahrzehnten der NS-Diktatur noch geeignet.

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Keinen Zweifel

Eine kriminelle Vereinigung sei der Verlag deshalb gewesen, weil die Gruppe arbeitsteilig gehandelt habe und einen hohen professionellen Organisationsgrad aufwies. Der Geschäftsbetrieb sei über ein Logistikzentrum abgewickelt worden. Selbst wenn der Grund der Verlagstätigkeit das Verdienen von Geld gewesen sein sollte, handele es sich trotzdem um eine kriminelle Vereinigung.

Alle drei Angeklagten seien Rechtsextremisten und Anhänger der NS-Zeit gewesen, sagte Schlüter-Staats, darüber gebe es keinen Zweifel. Matthias B. hat sich nach eigenem Bekunden von der Szene losgesagt und nahm an einem Aussteigerprogramm teil. Auch die anderen beiden Beschuldigten gaben vor Gericht ebenfalls an, sich distanziert zu haben.

Ex-Verlagschef flüchtig

Im Prozess hatten sich die drei Angeklagten im Alter von 38 bis 41 Jahren zu den Vorwürfen geäußert und ihre Mitarbeit bei dem rechtsextremen Verlag zugegeben. Der frühere Verlagschef Adrian Preißinger ist flüchtig. Er wird mit einem internationalen Haftbefehl gesucht.

Zwischen August 2018 und Dezember 2020 hat der „Schelm“-Verlag laut Urteil mehr als 30.000 Bücher verbreitet und einen Umsatz von 600.000 Euro erzielt. In dem Logistikzentrum in Bad Lausick seien mehr als 10.700 Postsendungen auf den Weg gebracht worden, etwa 134 Sendungen in der Woche.

Hass- und Hetzschriften

Zum großen Teil seien dies Hass- und Hetzschriften gewesen, darunter eine unkommentierte Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ für einen Verkaufspreis von 30 Euro. Der Prozess hatte Mitte März in Dresden begonnen.

Die Verurteilten sollen einen Teil der Verdienste zurückzahlen: Enrico B. mehr als 42.000 Euro, Matthias B. mehr als 41.000 Euro und Annemarie K. rund 5.000 Euro. Gegen das Urteil kann binnen einer Woche Revision eingelegt haben. (epd/mig) Aktuell Recht

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