„Ausgrenzung und Diskriminierung pur“
Brandenburg will 83 Cent Bargeld pro Tag für Asylbewerber-Kinder
Die Bezahlkarte für Asylbewerber soll in Brandenburg landesweit eingeführt werden – bei der Höhe der Barsumme gab es Streit. Nun ist eine Entscheidung gefallen: 1,66 Euro/Tag für Erwachsene und halb so viel für Kinder. Das gefällt nicht allen. Der Flüchtlingsrat spricht von „Ausgrenzung und Diskriminierung pur“.
Dienstag, 14.05.2024, 10:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 14.05.2024, 14:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Asylbewerber in Brandenburg sollen nach den Plänen von Landesregierung und Kommunen monatlich 50 Euro bar für Erwachsene und 25 Euro für Kinder bekommen – das ist deutlich weniger, als die Grünen fordern. Auf den Tag gerechnet entspricht die Summe einem Betrag von 1,66 Euro für Erwachsene bzw. 83 Cent für Kinder. Zum Vergleich: Eine Kugel Eis kostet in Deutschland im Schnitt 1,72 Euro.
Diese Barsummen sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in einer gemeinsamen Erklärung von Land und Kommunen geplant, die Ministerpräsident Dietmar Woidke mit Vertretern der Kreise und Städte unterschreiben will. Zuvor hatte die „B.Z.“ berichtet. Beim Bargeld für Kinder sei das Land den Grünen entgegengekommen, die Landkreise hätten Minderjährigen 10 Euro (bzw. 33 Cent/Tag) monatlich zahlen wollen, schrieb die Zeitung.
Integrationsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hält dagegen Bargeldsummen von 184 Euro für Erwachsene und 137 Euro pro Kind für angebracht. Sie begründete dies damit, dass der Bundesgesetzgeber einen klaren Verweis auf den persönlichen Bedarf und auf das Teilhaberecht von Kindern und Jugendlichen sowie auf das Existenzminimum eingeführt habe. Staatskanzleichefin Kathrin Schneider hatte aber bereits deutlich gemacht, dass das Land den Vorschlag der Kommunen mit 50 Euro für Erwachsene umsetzen will. Auch Berlins Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hält 50 Euro Bargeld für zu wenig.
Flächendeckende Einführung geplant
Die Landesregierung will die Bezahlkarte für Asylsuchende flächendeckend verbreiten. Dies ist Teil der Erklärung, über die Ministerpräsident Woidke das Kabinett informieren will. Danach will er die Erklärung mit dem Vorsitzenden des Landkreistages, Oberspreewald-Lausitz-Landrat Siegurd Heinze (parteilos), und dem Oberbürgermeister von Brandenburg an der Havel, Steffen Scheller (CDU), unterzeichnen.
Der Flüchtlingsrat in Brandenburg hat die Pläne des Landes zur Bezahlkarte für Asylbewerber und die Höhe der Bargeldauszahlung scharf kritisiert. „Der extrem limitierte Zugang zu nur 50 Euro Bargeld bedeutet eine massive Einschränkung der eigenständigen Lebensführung von geflüchteten Menschen“, erklärte eine Sprecherin des Flüchtlingsrates am Dienstag. Die Bezahlung von Anwaltskosten oder erschwinglichen Lebensmitteln auf dem Markt werde quasi unmöglich. Die Lösung sei lebensfremd.
Flüchtlingsrat: „Ausgrenzung und Diskriminierung pur“
Der Landkreis Märkisch-Oderland war am 6. Mai mit einer eigenen Karte vorgeprescht. Die unzureichende Ausstattung mit Bargeld zeige sich bereits in diesem Landkreis, kritisierte die Sprecherin des Flüchtlingsrates. In Neuhardenberg etwa versorge bisher ein Lebensmittelwagen regelmäßig die Anwohner der Gemeinschaftsunterkunft mit Lebensmitteln – die Bezahlkarte gelte dort nicht. „Insbesondere für Kinder, die sogar nur 25 Euro erhalten sollen, bedeutet diese Entscheidung Ausgrenzung und Diskriminierung pur“, führte die Sprecherin aus. Ein Beitrag zum Klassenausflug, ein Eis nach der Schule – all das sei schwer möglich. Die Bevormundung sei würdelos und reine Symbolpolitik, die rechten Kräften in die Hände spiele.
Asylbewerber sollen einen Teil staatlicher Leistungen zum Lebensunterhalt als Guthaben über die Karte erhalten und damit weniger Bargeldzahlungen. So solle auch verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper oder Familie und Freunde im Ausland überweisen. Diesem Argument widersprechen Wissenschaftler. Es gebe keine empirische Grundlage dafür, dass mit Geldüberweisungen ins Ausland Schlepperkosten finanziert werden. In Brandenburg leben in den Landkreisen und kreisfreien Städten derzeit rund 14.600 Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. (dpa/mig) Leitartikel Politik
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„Diesem Argument widersprechen Wissenschaftler..“
Nun, ich erinnere mich an eine TV Sendung wo Menschen aus den Unterkünften gefragt wurden und diese haben bestätigt das natürlich ein Teil des Geldes für solche Dinge verwendet oder eben auch zur Familie geschickt wird.
Wir brauchen auch keine empirische Grundlage für Einführung einer solchen Maßnahme, wenn es danach ginge müsste es sofort Tempo 30 auf allen Straßen weiltweit geben.
Zum Lebensmittelwagen – dann sollte dieser eben die Möglichkeit einräumen die Karte zu akzeptieren, oder ein anderer Dienstleister gefunden werden. Nur weil -ER- das nicht kann oder will bedeutet es ja nicht das -ANDERE- es nicht könnten.
Meine lokale Eisdiele ist elektronisch auch in der Lage eine einzelne Kugel Eis abzubuchen. Auch hier sind dann die -ANBIETER- gefordert sich den neuen Gegebenheiten anzupassen.
„Bezahlung von Anwaltskosten“ – ich habe bisher keinen kennengelernt der „Bargeld“ akzeptiert hat, da musste ich immer elektronisch (Karte oder Überweisung) bezahlen.
Am Ende ist natürlich trotzdem festzuhalten – die Maßnahmen sollen natürlich auch „abschreckend“ wirken. Es wird damit also auch versucht den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Akzeptanz für Flüchtende sicherzustellen. Denn eines ist klar – aktuell sieht eine Mehrheit der Bevölkerung die Entwicklungen kritisch, und am Ende sind es die Bürger die die Kosten tragen.