Gesundheit
Warum Migranten häufiger von Nikotinsucht betroffen sind
Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland rauchen vergleichsweise häufiger als Einheimische. Aber warum? Die Gründe sind vielfältig, die Hürden zum Aufhören für diese Raucher höher.
Montag, 27.05.2024, 0:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 27.05.2024, 14:21 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Nikotinsucht, eine der verbreitetsten Abhängigkeiten weltweit, zeigt Unterschiede in ihrer Verbreitung unter verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Studien weisen darauf hin, dass Menschen mit Migrationshintergrund vermehrt zu Tabakprodukten greifen.
Laut einer repräsentativen Studie ist die Raucherquote unter Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland sogar um 25 Prozent höher als bei Einheimischen. Aber warum ist das so? Dieser Artikel widmet sich den verschiedenen Faktoren, die dafür ursächlich sein könnten, dass Migranten hierzulande häufiger rauchen.
Dem Phänomen auf der Spur
Den Daten zufolge ist der Griff zur Zigarette oder anderen Nikotinlieferanten unter Migrantinnen und Migranten ein verbreitetes Laster. Woran liegt es aber, dass diese soziodemografische Gruppe eine höhere Prävalenz für Nikotinsucht aufweist? Betrachtet man die Situation näher, zeichnen sich mehrere Faktoren ab.
Sozioökonomische Stressfaktoren:
- Arbeitsplatzunsicherheit
- Geringes Einkommen
- Bildungsdefizite
Diese Stressoren können den Griff zur Zigarette und damit den Weg in die Abhängigkeit bahnen. Der Rauch dient dabei oftmals als Versuch, kurzfristig mit dem erfahrenen Druck umzugehen.
Die Wechselwirkungen zwischen diesem sozioökonomischen Druck und dem Konsum von Tabakprodukten sind in der Wissenschaft gut dokumentiert.
- Info: Menschen, die ihr Geldbeutel und ihre Gesundheit schonen wollen, aber auf Nikotin nicht verzichten können oder möchten, beschäftigen sich zunehmend mit den Vorteilen von Prefilled Pod Systemen.
Kulturelle und psychosoziale Hintergründe
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind auch kulturelle Gegebenheiten. In bestimmten Kulturen besitzt das Rauchen einen anderen Stellenwert als in der deutschen Gesellschaft.
Historisch verwurzelte Rauchrituale oder eine traditionell höhere Akzeptanz des Rauchens können Menschen mit Migrationshintergrund für das Rauchen prädestinieren. Zusätzlich können psychosoziale Stressoren wie Diskriminierungserfahrungen und das Ringen um kulturelle Identität in der neuen Heimat eine Zigarette als Trostspender erscheinen lassen.
Erschwerte Zugang zu Bildung und Prävention
Bildungsangebote und präventive Maßnahmen erreichen nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen. Informationen über die Gefahren des Rauchens und die vorhandenen Hilfsangebote zur Raucherentwöhnung sind nicht immer leicht zugänglich für Menschen, deren Erstsprache nicht die des neuen Heimatlandes ist.
So kann es sein, dass Migrantinnen und Migranten entweder nicht ausreichend über die Risiken des Rauchens informiert sind oder ihnen schlicht die Hilfsmittel fehlen, um sich von der Sucht zu befreien.
Die Rolle der Community und Familie
Die Familie und das soziale Umfeld können eine bedeutende Rolle spielen, in negativer wie in positiver Hinsicht. Wenn innerhalb der Community oder der Familie das Rauchen weit verbreitet ist, steigt das Risiko, selbst zum Raucher zu werden.
Gruppendruck und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit können dazu beitragen, dass besonders junge Menschen mit Migrationshintergrund zur Zigarette oder Wasserpfeife greifen.
Auf dem Weg der Entwöhnung
Der Weg aus der Nikotinsucht ist steinig und erfordert oftmals eine umfassende Betreuung und Unterstützung. Der Staat und die Krankenkassen sind hier gefordert, maßgeschneiderte Angebote zu schaffen, die insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigen.
Multikulturelle Angebote
Individuell zugeschnittene Präventions- und Entwöhnungsprogramme, die sprachliche und kulturelle Barrieren überwinden, können die entscheidende Hilfe bieten.
Beratung in verschiedenen Sprachen und die Integration von kultursensiblem Wissen in Präventionsprogramme können den Unterschied ausmachen.
Die Rolle von NGOs und Vereinen
Neben staatlichen Einrichtungen leisten auch gemeinnützige Organisationen und Selbsthilfegruppen einen bedeutsamen Beitrag. Durch ihre Arbeit auf Augenhöhe und ihre engen Kontakte in die Communitys fungieren sie als Vermittler und Unterstützer bei der Bekämpfung der Nikotinsucht.
Ein Puzzle mit vielen Teilen
Es liegt auf der Hand, dass die Gründe für die höhere Anfälligkeit von Menschen mit Migrationshintergrund für Nikotinsucht vielschichtig sind. Die Forschung ist konfrontiert mit einem Puzzle aus sozialen, ökonomischen und kulturellen Faktoren.
Was klar wird: Eine nachhaltige Lösung des Problems erfordert ein koordiniertes Zusammenspiel von Gesundheitspolitik, Bildungseinrichtungen, sozialen Diensten und den Betroffenen selbst. Denn nur durch eine umfassende Herangehensweise können die unterschiedlichen Bedürfnisse und Hintergründe berücksichtigt und effektiv bekämpft werden.
Der Kampf gegen die Nikotinsucht unter Menschen mit Migrationshintergrund bleibt damit eine gesellschaftliche Herausforderung, die weiterhin Aufmerksamkeit und Engagement auf allen Ebenen erfordert. Panorama
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